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Fahrpreissteigerungen, aber wie?

07.09.15 (Berlin, Brandenburg, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Es ist in der ÖV-Branche üblich, dass die Fahrpreise jedes Jahr um das zwei- bis vierfache des Inflationswertes steigen. Inzwischen ist das bei einer Inflation von ungefähr Null nur noch schwer zu erfassen, aber der Trend ist klar: Es wird teurer und das seit Jahren. Vor einiger Zeit hat das Statistische Bundesamt ausgerechnet, dass die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zwischen dem 1. Januar 2002 und dem 31. Dezember 2011 um 36 Prozent teurer, die Gesamtkosten für Vorhaltung und Nutzung eines eigenen Autos aber nur um 30 Prozent teurer geworden seien – einzelne Benzinpreisexzesse spielen da für den Durchschnitt auch keine große Rolle.

Das ist übrigens ein Effekt, der im ÖPNV noch stärker auftritt. Viele Verkehrsunternehmen machen regelmäßig Dieselpreissicherungsgeschäfte mit ihren Hausbanken – letztlich eine Art Wette, die aber dafür sorgt, dass die Kosten für Treibstoff kalkulierbar bleiben. Zudem mag der Dieselkraftstoff teurer werden, aber die Busse werden effizienter. Der Dieselverbrauch sinkt, gleichzeitig sorgen steigende Fahrgastzahlen für ohnehin höhere Markteinnahmen. Interessant ist dabei aber jetzt folgendes: Während die Preise bei Monatstickets am Markt ohne weiteres jedes Jahr zu erhöhen sind, ist bei Einzeltickets wohl das obere Ende der Skala erreicht. So wie im Verkehrsverbund Rhein-Sieg bereits aktuell die Einzeltickets bei den gestiegenen Fahrpreisen außen vor bleiben, geht man im VBB nun einen ähnlichen Weg.

Manch einer, der eben nicht die Flatrate hat (aus welchen Gründen auch immer) wird von den relativ hohen Preisen für die einzelne Fahrt verschreckt. So sinnvoll es ja sein mag, Tarife so zu strukturieren, dass sie bereits bei relativ wenigen Fahrten die Monatskarte lohnt, so sehr ist das Einzelticket auch die Zugangshürde, die irgendwann dafür sorgt, dass potentielle neue Fahrgäste vom Umstieg absehen und lieber mit dem Auto fahren. Nur bei aller Kritik: Natürlich nutzt ein „Fahrpreise runter“ nichts. Mobilität kostet Geld.

Statt dessen wird es Zeit, auch in der Bundeshauptstadt, sich andere Gedanken zu machen: Verkehrsraum und -fläche sind knappe Güter, jedoch unterschiedlich nachgefragt. Es wird Zeit, auch in Verbundtarifen mehr Auslastungssteuerungen statt höherer Pauschalpreise vorzunehmen. Ja, es gibt einen Widerspruch zwischen Auslastungssteuerung und Tariftransparenz, im Zeitalter von Handytickets und intelligenten Verkaufsautomaten dürfte das aber zu lösen sein.

Wobei: Die Maschinen der BVG AöR nehmen ja nicht mal Fünf-Euro-Scheine, aber das ist ein anderes Thema. Aber es reicht nicht, ein Neun-Uhr-Ticket auf den Markt zu bringen, das etwas billiger ist, sondern es muss eine ganze Reihe tariflicher Anreize geben, die das Verkehrsaufkommen anders verteilen. Riesige Kapazitäten vorzuhalten, die in ihrer Breite nur vier oder fünf Stunden am Tag genutzt werden, wird sich nie vermeiden lassen. Aber man kann das Problem mit nachfragegerechten Tarifen abmildern. Den Spagat zwischen Transparenz und Kostengerechtigkeit hinzukriegen dürfte eine extrem schwere Aufgabe werden, mit deren Lösung aber irgendwer einmal anfangen muss.

Siehe auch: VBB: Diskussion um Fahrpreiserhöhungen

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