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Finanzierung, Qualität und Leistung

31.08.15 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Immer wenn der Herbst vor der Tür steht werden die Bahnhöfe des Jahres gekürt, so auch jetzt wieder. Dabei lässt die Allianz pro Schiene die Gelegenheit nicht aus, um darauf hinzuweisen, dass eine auskömmliche Infrastrukturfinanzierung eine gesamtstaatliche Aufgabe ist. Ja, das stimmt, wer soll da schon widersprechen? Zumal man sicherstellen muss, dass die real zur Verfügung stehenden Bestellmittel konstant bleiben und nicht Leistungen abbestellt werden müssen, um die Infrastrukturkosten bezahlen zu können.

Aber das allein reicht nicht. Unreflektiert mehr Geld in den Sumpf zu pumpen, wie die Allianz pro Schiene das jetzt wieder fordert, ist nicht die Lösung aller Probleme. Es braucht ein umfassendes System von Controlling und Pönalisierung bei Schlechtleistungen, auch zulasten der Infrastrukturbetreiber. Wenn eine Bahnhofsuhr, ein Aufzug, eine Rolltreppe, ein Windschutzhäuschen über Monate kaputt sind, dann muss der Aufgabenträger die Gebühren kürzen und dafür sorgen, dass weniger Geld für den Stationshalt ausgegeben wird. In einem hohen Eskalationszustand muss es darüber hinaus ein Recht zur Ersatzvornahme geben.

Die Logik, die ja auch die kommunalen Verkehrsunternehmen bis heute vertreten, wonach man alle Probleme mit „mehr Geld“ lösen könne, funktioniert eben nicht. Das ist die vulgäre Erweiterung der Pferdeäpfeltheorie: Wenn es Probleme gibt, muss mehr Geld ins System, solange bis am Ende einer riesigen Kette von Misswirtschaft und Geldverbrennung noch genügend da ist, um vielleicht doch mal den Aufzug zu reparieren. Ähnlich argumentiert auch die Essener Verkehrs-AG, nachdem das Unternehmen mit Bildern aus den eigenen Stadtbahn-Fahrzeugen konfrontiert worden ist. Aus den Sitzen kommt beim einfachen klopfen eine Staubwolke wie ein Atompilz. Reaktion: Man habe aufgrund der selbst so empfundenen Untersubventionierung kein Geld für Staubsauger.

Und hier kann die Lösung eben nicht heißen, dass immer mehr und mehr Geld reingesteckt wird, bis irgendwann mal was für die Reinigung übrig ist, sondern es muss Qualitätsvorgaben geben und deren Einhaltung ist dauerhaft und beständig zu überwachen. Auch als die Schlechtleistungen von DB Regio in Nordrhein-Westfalen richtig eskaliert sind, hieß es aus Konzernkreisen immer wieder, dass bei stärkeren Pönalen am Ende nur Geld aus dem System gezogen würde, was die Probleme verschärfe. Die Realität hat diese Annahme widerlegt: Wenn die Verkehrsverträge Qualität und Leistung sicherstellen, werden sie eingehalten.

Wenn sich aber niemand kümmert, weil es keinen gibt, der sich für zuständig hält, dann entstehen Probleme. Das sieht man bei den Schlechtleistungen kommunaler Verkehrsunternehmen, die in den meisten Fällen faktisch keinem Aufgabenträger unterstehen und es zeigt sich auch am desolaten Zustand vieler Zugangsstationen. Denn abgesehen von einem aktuellen Bahnhof des Jahres ist die große Mehrzahl der Bahnhöfe und Haltepunkte nach wie vor in einem Zustand, den man allgemein als verbesserungsbedürftig bezeichnen sollte. Selbst wenn es nicht in das Bild der ach so tollen neuen Eisenbahn passt.

Siehe auch: Allianz pro Schiene kürt Bahnhöfe des Jahres

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