Konzernumbau beginnt – Hanagarth verlässt Bahnvorstand
20.07.15 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Die Deutsche Bahn steht wahrscheinlich vor einem umfassenden Konzernumbau. Vor allem sollen die nicht marktfähigen Verwaltungsstrukturen dabei deutlich verkleinert werden – bis hin in den Konzernvorstand. Als erstes traf es Technikvorstand Heike Hanagarth, die den Konzern zum Monatsende nach gut anderthalb Jahren wieder verlassen wird. Sie kam im Dezember 2013 von BMW zur Deutschen Bahn, die zu diesem Zeitpunkt u.a. mit erheblichen Zulassungsproblemen im Fahrzeugbereich zu kämpfen hatte. Ziel war es damals auch, den Infrastrukturvorstand Volker Kefer ein Stück weit aus der Schusslinie zu nehmen.
Der Vorstandsumbau bzw. die Reduktion der Mitglieder ist dabei das von außen am sichtbarsten und deutlichste Zeichen. Die Deutsche Bahn will sich weiter verschlanken und restrukturieren, um am Markt bestehen zu können. Der Abschied von Heike Hanagarth erfolgte einer offiziellen Pressemeldung zufolge „einvernehmlich“, Aufsichtsrat und Vorstand sprachen ihr Bedauern über Hanagarths Entscheidung aus, den Konzern zu verlassen. Wie zudem zu lesen ist, soll auch Karl-Friedrich Rausch, der den Konzern im laufenden Jahr aus Altersgründen verlassen wird, nicht mehr ersetzt werden, einen Vorstand für Logistik gäbe es dann nicht mehr.
Anderen Berichten zufolge sollen insgesamt vier Vorstandsmitglieder den Bahntower verlassen, was einem der größten Umbauten seit dem Amtsantritt von Rüdiger Grube im Jahr 2009 gleichkäme. Damals tauschte er so gut wie alle Vorstandsmitglieder der alten Mehdorn-Administration aus. Auch Gerd Becht, Vorstand für Datenschutz, Compliance und Recht, der nach der Überwachungsaffäre der DB Konzernsicherheit installiert worden ist, über die Mehdorn seinerzeit den Posten verloren hat, soll demnach früher gehen als geplant. Der Vertrag des 63jährigen läuft noch bis Februar 2017 (den Monat seines 65. Geburtstages), nun könnte er seinen Ruhestand vorziehen.
Auch Ulrich Homburg, Vorstand für Personenverkehr, soll demnach gehen. Der langjährige Chef von DB Regio, der 2009 in den Vorstand des Gesamtkonzerns aufstieg, soll maßgeblich dafür verantwortlich sein, die neue Konkurrenz durch Fernbusse unterschätzt zu haben. Nachdem der GDL-Streik sowie Hochwasser- und Unwetterschäden eine Weile lang als Ursache für Probleme galten, zeigt sich offensichtlich jetzt, dass das nicht der Fall ist. Tatsächlich hat die Deutsche Bahn insbesondere auf den Fernbus nur zurückhaltend reagiert – auch wenn etwas erkennbar ist. Etwa die Wiedereinführung bestimmter IRE-Angebote oder die Sparpreisverfügbarkeit. Gerade letzteres lässt sich jedoch nur subjektiv nachvollziehen, da die tatsächliche Sparpreisverfügbarkeit geheim ist. Der Konzern hat hier also die Möglichkeit, die durchschnittlichen faktischen Fahrpreise jederzeit zu senken oder zu erhöhen ohne dass dies irgendjemand von außen nachvollziehen könnte.
Jedoch: Sehr billige Fahrten z.B. mit dem InterCity von Berlin nach Minden und weiter mit dem Regionalexpress bis ins Ruhrgebiet bringen kaum Geld in die Kasse – und lösen das Problem des Gewinneinbruches daher nicht. Auch bei DB Regio läuft es nicht rund – nachdem man zuletzt die Betriebsausschreibung für den Rhein-Ruhr-Express verloren hat und auch bei der S-Bahn Nürnberg ein Totalverlust droht. Zudem tritt der Konzern auch in Sachen Rollmaterial in eine neue Phase ein: Während die Deutsche Bahn bei ihrer Gründung sämtliche Vermögenswerte der alten Bundesbahn geschenkt bekommen hat (die Finanzierung dieser Werte lief ab dem 1. Januar 1994 über das Bundeseisenbahnvermögen weiter), müssen künftige Anschaffung selbst finanziert werden. U.a. als Folge davon stieg die Verschuldung auf rund zwanzig Milliarden Euro an – die Zinslast drückt das Ergebnis darüber hinaus weiter.
Auch Alexander Hedderich, Leiter von DB Schenker Rail, wird seinen Posten wohl räumen müssen. Er ist jedoch kein Mitglied im Konzernvorstand. Anderen Berichten zufolge sollen die Aktivitäten von DB Schenker insgesamt auf dem Prüfstand stehen. Selbst von einem Verkauf soll demnach die Rede sein. Ob das auch DB Schenker Rail betrifft, ist unbekannt. Das hieße, dass die deutsche Staatseisenbahn im Extremfall keinerlei eigenen Güterzüge mehr betreiben würde. Ob es soweit kommt, ist derzeit reine Spekulation. Das Auslandsgeschäft Arriva solle ebenfalls für Investoren geöffnet werden. Es war 2010 der größte Zukauf in der Konzerngeschichte. Fest steht im Moment nur, dass erhebliche Umstrukturierungen anstehen und zwar konzernweit.
Siehe auch: Die Eisenbahnreform fortschreiben