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Eisenbahnpolitische Lösungen gefordert

06.07.15 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Auf Initiative der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) gab es in der letzten Woche ein Spitzengespräch zum Thema Schiene bei Bundesverkehrsminister Sigmar Gabriel (SPD), an dem mit Ausnahme der GDL alle beteiligten Akteure teilgenommen haben: Neben der EVG waren auch der VDV vertreten, die Allianz pro Schiene, die Verbände NEE und Mofair, der DGB, die BAG SPNV, die DB AG sowie Abellio und Benex.

Dabei legten sie dem Minister ein gemeinsames Positionspapier vor. Darin machten sie deutlich, dass sich die Rahmenbedingungen für die Eisenbahnen in Deutschland nachhaltig verbessern müssten. Andernfalls könne der Verkehrsträger Schiene seiner Aufgabe als einer der entscheidenden Standortfaktoren für die deutsche Wirtschaft dauerhaft nicht mehr gerecht werden. „Die Lage verschärft sich zusehend, wir begrüßen es deshalb, dass wir Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel in einem Spitzengespräch unsere Sicht der Dinge darstellen konnten“, sagte der Vorsitzende der EVG, Alexander Kirchner, der zugleich auch Vorsitzender der Allianz pro Schiene ist.

„Die Branche setzt sich gemeinsam bei der Politik für faire Wettbewerbsbedingungen der Eisenbahnen im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln ein. Das ist ein wichtiges Signal, denn die gesetzlichen Anforderungen an die Eisenbahnunternehmen wachsen zunehmend. Wir dürfen dabei nicht aus den Augen verlieren, dass die Schiene ein zentraler Verkehrsträger der Zukunft ist, wenn es um ökonomischen und ökologischen Verkehr geht“, so VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff.

Im Mittelpunkt standen Fragen zur Förderung der Eisenbahn und die Wettbewerbsbedingungen zwischen den unterschiedlichen Verkehrsträgern. Die Vertreter der Eisenbahnbranche gehen davon aus, dass die Schiene strukturell benachteiligt sei. Um den Kontakt aufrecht zu halten, soll der Dialog mit der Politik zunächst auf Arbeitsebene fortgesetzt werden bevor ein weiteres Spitzengespräch mit Wirtschaftsminister Gabriel stattfinden soll.

Derweil weist man beim VDV darauf hin, dass die Verkehrsnetze insgesamt in einem bedrohlichen Zustand sind. Der wissenschaftliche Beirat des Verbandes sieht die Funktionsfähigkeit gerade auch der kommunalen Infrastruktur, inklusive der kommunalen Schiene, als akut gefährdet an.

Beiratsvorsitzender Thomas Siefer: „Die kommunale Infrastruktur ist für das Funktionieren der Städte sowie die Verknüpfung überörtlicher Netze notwendig und muss erhalten, erneuert und weiterentwickelt werden. Die Entwicklung von Verkehrsinfrastruktur und -angeboten ist eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Gemeinden. Eine länder- und regionsübergreifende Einheitlichkeit der Finanzierung lässt sich am besten durch zweckgebundene Mittel erreichen.“

Sein Stellvertreter Felix Huber ergänzt: „Wir laufen in Deutschland Gefahr, unseren Wettbewerbsvorteil einer gut ausgebauten und funktionierenden Verkehrsinfrastruktur zu verspielen. So gilt der öffentliche Nahverkehr hierzulande beispielsweise als vorbildlich, aber dessen Infrastruktur kommt in die Jahre und muss dringend an neue technische Anforderungen angepasst werden. Wir sind beim Aufbau der kommunalen Infrastruktur bislang mit an klaren Zielen ausgerichteten Förderkulissen, wie dem GVFG, sehr gut gefahren. Eine auf Zukunftsaufgaben ausgerichtete Fortschreibung dieser erfolgreichen Gesetze ist deshalb notwendig.“

Die Allianz pro Schiene hat indes gemeinsam mit SCI Verkehr berechnet, dass die wichtigsten europäischen Wirtschaftsstaaten pro Kopf deutlich mehr in die Schiene investieren als Deutschland. Spitzenreiter Schweiz gab 351 Euro pro Bürger aus, gefolgt von Österreich mit 210 Euro pro Einwohner. Beide Alpenländer sehen für ihre Schienennetze seit Jahren höhere Summen vor als für ihre Straßeninfrastruktur. Schweden investiert 163 Euro pro Bürger, die Niederlande lassen sich ihr Netz 142 Euro kosten und Großbritannien wendet 110 Euro auf. Italien gibt 82 Euro für die Ertüchtigung der Schiene aus, während Deutschland mit 49 Euro pro Bundesbürger sehr weit hinten steht.

Nur Spanien investierte mit 35 Euro pro Person weniger als Deutschland. Dort jedoch ist der Ausbau eines umfassenden Hochgeschwindigkeitsnetzes erst jüngst abgeschlossen worden, was in Deutschland nicht der Fall ist. Vor diesem Hintergrund ist es den Beteiligten nun wichtig, auf die Verantwortung der öffentlichen Hand bei der Finanzierung der Schieneninfrastruktur in Deutschland hinzuweisen – denn eine betriebswirtschaftlich optimale Eisenbahn gibt es nicht.

Siehe auch: Die Zukunft der Eisenbahn

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