Die Eisenbahnreform fortschreiben
20.07.15 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Während der Debatte um den Börsengang, als der DB-Konzern vergleichsweise lukrative Gewinne auswies, hieß es in der öffentlichen Debatte, es sei Schwarzmalerei, vor einer mehrjährigen Phase ohne Dividende zu warnen. Heute wissen wir, und zwar gar nicht so viele Jahre später, dass es sehr wohl anders geht. Die Deutsche Bahn kämpft mit Gewinneinbrüchen und wenn man sich einmal ansieht, was seit dem letzten geplanten Termin für einen Börsengang im Oktober 2008 alles passiert ist, kann man nur spekulieren, was mit dem Aktienkurs passiert wäre: ICE-Achsen, jahrelanges Warten auf die Zulassung des E-Talent 2, S-Bahn Berlin, Abellio-Urteil und vieles mehr.
Die Dinge haben sich nicht gut entwickelt für den Konzern. Nachdem der lukrative Direktvergabemarkt größtenteils ausgetrocknet worden ist, stehen die wirtschaftlichen Folgen erst in den kommenden Jahren richtig an. Ein einfaches Beispiel: Die unmittelbar danach gestartete erste S-Bahnausschreibung in Nordrhein-Westfalen hat DB Regio zwar für sich entscheiden können, jedoch zum Preis einer um einen zweistelligen Millionenbetrag pro Jahr geschrumpften Gewinnmarge – liquiditätswirksam wird das jedoch erstmals erst im laufenden Jahr 2015.
Doch wenn jetzt ernsthaft darüber diskutiert wird, dass vielleicht sogar DB Schenker Rail abgestoßen werden könnte, dann wäre das ein massiver Einschnitt. Das wäre nämlich wirklich das Kerngeschaft. Obwohl, was ist eigentlich das Kerngeschäft? Nach dem freiwilligen Marktaustritt im Elektronetz Mittelsachsen und der seit Jahren erkennbaren Devise Rendite vor Marktanteil bei DB Regio muss man sich auch hier fragen, ob die vermeintlichen Vorteile des DB-Konzerns noch vorhanden sind, wenn es keine DB-eigenen Güterzüge mehr gibt und man im Regionalverkehr nur noch bei einigen wenigen ausgesuchten Vergaben dabei ist.
Aber das hat ja was mit dem Geiste der Eisenbahnreform zu tun: Man entlässt die Ex-Bundesbahn in die unternehmerische Unabhängigkeit und dazu gehört eben auch die freie Entscheidung, bestimmte Segmente des Eisenbahnmarktes nicht mehr bedienen zu wollen und es anderen zu überlassen. Was ist daran schlimm? Okay, es ist zunächst festzustellen, dass Rüdiger Grube lügt, wenn er immer sagt, der inländische Eisenbahnverkehr sei das „Brot- und Buttergeschäft“ des Konzerns. Aber auch das sollte man jetzt nicht an die große Glocke hängen, denn dass Vorstandsvorsitzende von Unternehmen dieser Größe die Öffentlichkeit belügen ist nichts außergewöhnliches.
Und in einigen Punkten hat man ja die SPNV-Angebote, in denen sich für die Deutsche Bahn das dicke Geld machen lässt. Etwa beim Elektronetz Nord in Sachsen-Anhalt, das die NASA mit einigen anderen Aufgabenträgern DB Regio im Rahmen eines gemeinsam begangenen Vergaberechtsverstoßes geschenkt hat. Oder bei der S-Bahn Berlin, wo der Senat alle anderen Bieter vergrault hat und jetzt ein viel zu teures Angebot der Deutschen Bahn vorliegen hat. Es gibt sie also, die Möglichkeiten für den DB-Konzern, auch auf der Schiene Geld zu verdienen – nur einen hohen Marktanteil erkauft man sich nicht mehr.
Siehe auch: Konzernumbau beginnt – Hanagarth verlässt Bahnvorstand