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Man stelle sich mal vor …

18.06.15 (go.Rheinland, Hessen, Kommentar, Nordrhein-Westfalen, NWL, Rheinland-Pfalz, VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Man stelle sich mal vor, Daimler-Benz würde öffentlich verkünden, dass man im Wettbewerb mit Audi und BMW nicht bestehen kann, weil die Fahrzeuge zu teuer sind, was einzig und allein an zu hohen Löhnen in den Werken liege. Natürlich fragen Sie sich jetzt, was ich hier wieder für komische Vergleiche ziehe, aber bei näherem Hinsehen ist festzustellen, dass DB Regio in der Öffentlichkeitsarbeit nichts anderes tut.

Obwohl man, nachdem zuvor lange Zeit mit einem Marktaustritt „gedroht“ wurde, angekündigt hat, bis zum bitteren Ende für die betroffenen Angestellten kämpfen zu wollen (die gleichen Leute, die noch vor ein paar Jahren alle zu deutlich schlechteren Bedingungen in diverse Heidekrautbahnen versetzt werden sollten), folgt nun das Aus. Eine solche Außendarstellung, die im wesentlich darauf beruht, dass man sich für nicht marktfähige Strukturen feiert, wäre in der freien Wirtschaft undenkbar.

Aber das zeigt einmal mehr, dass das Eisenbahnwesen eben keine Wirtschaft im eigentlichen Sinne ist. Hier gibt es einen Markt, über dessen zukünftiges Volumen gerade in den Bund-Länder-Finanzverhandlungen diskutiert wird und mit der Deutschen Bahn einen Branchenprimus, der zwar in den letzten Jahren erhebliche Erfolge auf dem Weg von der Bundesbahn zu einem modernen Dienstleistungsunternehmen verzeichnet, aber offensichtlich noch immer eine Behördenmentalität hat. Dabei ist bereits die Annahme, dass hier mehrere hundert Eisenbahnerfamilien zerstört würden, völlig realitätsfern.

Nicht nur, dass die Leute sich jederzeit beim neuen Betreiber bewerben können (und das allen Unkenrufen zum Trotz inzwischen zu sehr ähnlichen Bedingungen), sondern auch die Chancen auf eine konzerninterne und heimatnahe Weiterbeschäftigung ist hoch. Im übrigen wurde das auch auf Betriebsversammlungen genau so gesagt. Im Gegenteil, reden wir mal über was anderes: Bereits seit dem Abellio-Urteil ist das unternehmenspolitische Ziel bei DB Regio „Rendite vor Marktanteil.“ Das ist legitim und wenn man die Ex-Bundesbahn in die unternehmerische Freiheit entlässt, muss man auch damit leben, dass diese bestimmte Teile des SPNV-Marktes nicht mehr interessant findet.

Vor diesem Hintergrund muss man den öffentlich zelebrierten Verzicht im Elektronetz Mittelsachsen als Testballon sehen: Was passiert, wenn …? Vielleicht war das Ergebnis nicht wie gewünscht: Landtagsabgeordnete sind nicht an die Öffentlichkeit gegangen und haben den Verkehrsverbund dafür kritisiert, dass er „die Bundesbahn“ vergrault habe, die Gewerkschaften haben (in seltener Einigkeit) die Unternehmensführung von DB Regio und nicht die Aufgabenträger für den Rückzug verantwortlich gemacht und so lief es in Nordrhein-Westfalen dann eben anders und doch war man nicht bereit, den Marktanteil zum Preis geringer Margen zu halten, wie es sie 2012 noch bei der Ausschreibung der Linien S5 und S8 gemacht wurde. Stichwort S-Bahn: Hier endet im Dezember 2019 der Verkehrsvertrag, eine Entscheidung in dieser Sache muss noch dieses Jahr fallen. Man darf gespannt sein, wie DB Regio sich bei dieser Ausschreibung verhalten wird.

Siehe auch: RRX: Ausschreibungsergebnis offiziell publiziert

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