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Rechtsfrieden und Preisrecht

18.05.15 (Baden-Württemberg, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Grundsätzlich ist es legitim, wenn ein Verkehrsunternehmen Gewinnsteigerungen in laufenden Verkehrsverträgen dadurch realisiert, dass es effizienter wird. Wer es schafft, seinen Wasserkopf abzubauen, soll davon profitieren. Im Zusammenhang mit einem anderen Verfahren haben die Richter am Europäischen Gerichtshof bereits durchblicken lassen, dass bei Vergaben nach der neuen VO1370/07 nicht allein deshalb eine zurückzuzahlende Überkompensation vorliegt, weil der Betreiber über die Jahre wirtschaftlicher geworden ist. Das ist richtig so und gerade bei der Deutschen Bahn, die noch immer erhebliches Kostensenkungspotential hat, in den kommenden Jahren sicherlich ein Thema.

In Baden-Württemberg geht es jedoch um was anderes. Hier hat DB Regio von einem Verkehrsvertrag profitiert, der nicht nur überdurchschnittlich viel Geld kostet, sondern auch so gut wie keine Investitionen erforderlich gemacht hat. Nirgendwo in der Bundesrepublik Deutschland sind im 22. Jahr der Eisenbahnreform Silberlinge im regulären SPNV noch üblich – nur in Baden-Württemberg. Wo an anderer Stelle der anrüchige Bundesbahn-Charme längst durch modernes Rollmaterial ersetzt worden ist, hat der SPNV in Baden-Württemberg allenfalls den Vorteil, dass man Museumszüge mit Regelfahrscheinen nutzen darf. Klimatisierte Doppeldeckerwaggons auf stark frequentierten Linien, moderne Triebzüge auf Nebenstrecken und ein insgesamt höherer Anspruch haben überall in Deutschland den Anspruch unterstrichen, die Eisenbahn wieder zu einem ernsthaften Verkehrsträger zu machen.

In Baden-Württemberg gehen die Uhren anders. Wenn hier eine Überkompensation vorgelegen haben sollte, was jetzt übergeordnete Stellen werden entscheiden müssen, dann ist es richtig, dass diese zurückgezahlt werden müssen. Denn hier geht es ja nicht nur einfach um einen lukrativen Vertrag, sondern überteuerte Direktvergaben haben Auswirkungen auf den gesamten Markt: Wenn ein Unternehmen im riesigen Netz A exorbitante Gewinne erzielt, dann kann es damit Unterkostenpreise in den deutlich kleineren Netzen B, C, D und E kompensieren und auf Kosten anderer Akteure ruinösen Wettbewerb einleiten. Auch wenn der VDV für Querfinanzierungen dieser Art eine rechtliche Grundlage schaffen will, so ist das nicht akzeptabel. Jedes Netz muss aus sich heraus tragfähig sein: Es darf weder eine Über- noch eine Unterkompensation geben.

Gerade bei riesigen Netzen, die zudem noch nie wettbewerblich vergeben worden sind, darf dies nicht dazu führen, dass die Kampfkasse von DB Regio gefüllt wird, um woanders Marktanteile zu „erkaufen“. Aber in Baden-Württemberg kommt noch ein anderes Geschmäckle dazu: Wenn die Vorwürfe stimmen und hier zu viel Geld an DB Regio fließt, für einen von der schwarz-gelben Altregierung durchgesetzten Verkehrsvertrag, dann muss man über Stuttgart 21 reden: Ist das vielleicht der entscheidende Kanal für zusätzliche Gelder? Ist der Eigenanteil der DB AG noch niedriger als gedacht? Fließt ein Teil an DB Regio? Denn im Konzern landet das Geld immer! Es ist zumindest legitim, dass diese Fragen umfassend überprüft werden.

Siehe auch: BaWü: Debatte um Verkehrsvertrag

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