Controlling sichert Qualität
29.04.15 (Kommentar, Nordrhein-Westfalen) Autor:Stefan Hennigfeld
Die Betriebsaufnahme im Dieselnetz Südwest durch Vlexx ist von vorne bis hinten schiefgegangen. Schlimmer kann man nicht scheitern. Da ist das Problem mit der Fahrzeugzulassung endlich gelöst und die Züge stehen da und auf einmal scheitert es, weil nicht ausreichend Personal da ist. Das hatte nichts mehr mit höherer Gewalt zu tun, sondern mit der Unfähigkeit der handelnden Personen im Unternehmen. Aber eben nicht nur da. Der Aufgabenträger hat eine erhebliche Mitverantwortung, denn der ist für ein angemessenes und ausreichendes Controlling verantwortlich.
Mit der Einführung des Bestellerprinzips sollte ja gerade sichergestellt werden, dass das Verkehrsunternehmen nicht mehr im luftleeren Raum steht, sondern dass durch eine übergeordnete Instanz Qualität und Leistung sichergestellt werden: Sei es durch ökonomischen Druck im Fall von Schlechtleistungen und bei erkennbar nicht zu lösenden Problemen bis hin zum Auftragsentzug. Im Falle des Vlexx muss man leider davon ausgehen, dass die Herrschaften beim zuständigen Aufgabenträger ZSPNV Süd in Rheinland-Pfalz ihre Pflicht nicht erfüllt haben. Sehr wahrscheinlich hat es dort zwischen Zuschlagserteilung und Betriebsaufnahme keinerlei Controlling gegeben. „Danke für den Kaffee, bis in drei Jahren, wir telefonieren dann eine Woche, bevor der erste Zug fährt!“
Glücklicherweise hat Nordrhein-Westfalen bessere Aufgabenträger, sodass es für jedes Netz Lenkungskreise gibt, die jeden Schritt beobachten und eingreifen können, bevor das Kind in den Brunnen fällt. Im Dezember plötzlich zu merken, dass nicht ausreichend Leute da sind, wird im VRR nicht passieren. In diesem Jahr nimmt die National Express Rail GmbH bei zwei großen SPNV-Linien den Betrieb auf und steigt damit als neues Unternehmen erst mal auf dem deutschen Markt ein. Dabei geht es richtigerweise nicht um ein besonderes Misstrauen gegen ein bestimmtes Unternehmen, sondern um die Frage, welche Zuständigkeiten der Aufgabenträger hat und wie er diese wahrnimmt. Zumal der große Risikofaktor Eisenbahnbundesamt durch die Serien- und Baureihenzulassung ja größtenteils vom Tisch ist.
Dass Netinera nach erheblichen Problemen in Bayern die Pesa-Link stornieren konnte und mit einem guten Jahr Vorlauf Alstom-Lint bekommen kann, ist ein Erfolg der geänderten Rahmenbedingungen im Zulassungsprozess. Das ist der Unsicherheitsfaktor, der bislang unberechenbar war, weil ein Zug etwas länger als ein Jahr gebaut wird, aber dann mit etwas Pech jahrelang im Zulassungsverfahren steckte. Aber wenn ein Eisenbahnverkehrsunternehmen seine Strecke nicht fahren kann, weil keine Leute da sind, dann ist das ein vermeidbares Problem. Dabei muss der Aufgabenträger sich im Vorfeld bereits die Kalkulationen angucken: Sobald da einer ankommt, der glaubt, dass sich die Beschäftigen von DB Regio massenhaft bewerben, muss man fragen, wo der Plan B bleibt? Der Betreiber muss sein Personal selbst suchen, es wird nicht von anderen kommen. Das muss der Aufgabenträger überwachen, von regelmäßigen Gesprächen bis hin zu Testbewerbungen im Rahmen der Vorbereitungen.
Siehe auch: National Express: Noch gut sieben Monate