Bürger wollen SPFV in Görlitz
09.04.15 (Europa, Fernverkehr, Sachsen) Autor:Stefan Hennigfeld
In Görlitz hat sich eine Bürgerinitiative mit dem Ziel gegründet, die Stadt künftig wieder an den deutschen SPFV anzubinden – und zwar nicht erst in Jahrzehnten und nur dann, wenn die Aufgabenträger keine parallel laufenden RE-Leistungen bestellen, sondern kurzfristig und verlässlich im Takt. Die Stadt gehört gemeinsam mit Bautzen und Hoyerswerde zum oberzentralen Städteverbund – dem einzigen Oberzentrum in der Region Oberlausitz-Niederschlesien sowie der Euregion Neiße.
Initiatoren sind die örtlichen Bundestagsabgeordneten Stephan Kühn (Grüne) und Michael Kretschmer (CDU). Unterstützung gibt es auch vom Görlitzer Oberbürgermeister Siegfried Deinege (parteilos). Nachdem der Einstellung des Dresden-Wroclaw-Expresses warnt man vor einer Abwärtsspirale, die es mit verkehrspolitischen Mitteln zu stoppen gilt. Das Breslauer Marschallamt hatte diese Leistungen abbestellt und der sächsische Aufgabenträger ist nicht bereit, für Züge innerhalb Polens zu bezahlen, so dass diese aus Dresden kommend in Görlitz enden.
ZVON-Geschäftsführer Hans-Jürgen Pfeiffer sagte dem Mitteldeutschen Rundfunk, dass es aktuell in Polen keinerlei Bestrebungen gebe, die Verbindung nach Deutschland wieder zu verbessern und dass darüber hinaus die Relation zwischen Dresden und Breslau, insbesondere auch von Leipzig oder gar Berlin kommend, der Bund bzw. die Deutsche Bahn verantwortlich seien, da es sich bei solchen langlaufenden Eisenbahnverbindungen und klassische SPFV-Zuständigkeiten handele, die nichts mit dem Regionalverkehr und der Flächenerschließung zu tun haben. Die DB AG hat Ende 2004 die letzten InterRegio-Leistungen eingestellt und dies damals mit Unwirtschaftlichkeit des Angebots begründet.
Die Bürgerinitiative fordert, das 2012 mit Polen geschlossene Eisenbahnabkommen solle im Bundestag ratifiziert werden. Auch die Europäische Union sei in der Pflicht, sich für die Ertüchtigung und Elektrifizierung der grenzüberschreitenden Strecke zwischen Dresden und Breslau zu engagieren. Dies müsse im Rahmen der Gesamtplanungen im Korridor Berlin-Cottbus-Breslau passieren. Aktuell braucht man zwischen Dresden und Breslau mit dem Zug über Leipzig und Berlin etwa acht Stunden. Nur etwa sieben Stunden braucht man mit dem Bus ins polnische Zgorzelec und dort mit der Bahn weiter – was jedoch nur wenige wissen.
Zum Vergleich: Mit dem Auto braucht man umsteigefrei und mit Sitzplatzgarantie von Haustür zu Haustür zwischen Dresden und Breslau nur etwa drei Stunden. Fahrtzeiten also, die dafür sorgen, dass die Eisenbahn im Wettbewerb der Verkehrsträger keine Chance hat. Vor einigen Wochen hatte Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) im Rahmen eines Besuches in Polen den grenzüberschreitenden Eisenbahnverkeh zur Chefsache erklärt, jedoch hat sich in dieser Angelegenheit bis jetzt nichts getan, so dass es nicht nur keinen Fernverkehr über die Grenze gibt, sondern aktuell überhaupt keine Schienenverbindung. Da bleibt nur das Auto.