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Was dahintersteckt

19.03.15 (Fernverkehr, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Knapp sechs Jahre nach dem Ende der Mehdorn-Ära verabschiedet sich die Deutsche Bahn jetzt auch von seinen Bodenhansa-Phantasien, die die SPFV-Politik seit der Jahrtausendwende dominiert haben. Es ist nicht mehr der Billigflieger zwischen Berlin und München oder Hamburg und Köln, auf den sich der deutsche Fernverkehr einstellt, es geht jetzt tatsächlich darum, die spezifischen Stärken der Eisenbahn auszunutzen. Das ist auch richtig so: Deutschland im Takt lautet seit Jahren die Forderung und dem schließt sich die DB AG jetzt an. Offensichtlich lässt es sich also doch wirtschaftlich darstellen. Oder auch nicht?

Bei näherem Hinsehen stellt man fest, dass die Züge eben nicht in ein oder zwei Jahren losfahren, sondern die Rede erst von den 2020er Jahren oder später ist. Explizit nannte DB-Personenverkehrsvorstand Ulrich Homburg gestern Zeiträume, in denen laufende RE-Verträge enden. Auch die Integration in den Nahverkehrstarif sei ja nur ein „Angebot“. Was die DB AG hier plant ist klar durchschaubar: Man will nach Möglichkeit Geld vom Aufgabenträger, doch selbst wenn sich das nicht darstellen lässt, so wird es im Endeffekt dazu führen, dass die Kontrollmechanismen bei solchen Zügen weniger werden und die DB AG ihre Angebotspolitik betreiben kann.

Der Satz „Wir würden ja gerne einen eigenwirtschaftlichen InterCity da und da fahren lassen, aber das geht nur, wenn der Aufgabenträger uns keinen parallelen RE vor die Nase setzt“ klingt schon jetzt in den Ohren. Zumal das Angebot, den InterCity im Regionalverkehrstarif zu nutzen, ja quasi inbegriffen ist. Der Direktvergabemarkt ist mit dem Abellio-Urteil ausgetrocknet worden, doch hier versucht man sich eine neue, lukrative Hintertür zu öffnen. Und aus Sicht der DB AG wird das auch sehr erfolgreich sein. Eine Menge Aufgabenträger werden in einigen Jahren den RE durch den Nahverkehrs-IC ersetzen lassen und das als Erfolg verkaufen.

Dabei spielt es im Endeffekt auch keine Rolle, ob ein Bestellerentgelt pro Zugkilometer, pro Personenkilometer oder pro Tarifkilometer gezahlt wird oder ob man es gar „Tarifausgleich“ nennt. Es ist nicht rechtskonform, wenn Geld vom Aufgabenträger an den Fernverkehr fließt. Das Angebot, InterCity-Leistungen anzubieten, wenn im Gegenzug vorhandene RE-Leistungen gestrichen werden, ist einfach inakzeptabel. Und ja, die Ankündigung, mit der Umsetzung je nach Ort bis zur Beendigung laufender RE-Verkehrsverträge zu warten, ist am Ende genau der entscheidende Hinweis, was die DB AG tatsächlich plant.

Für die Aufgabenträger wäre das natürlich auch eine Chance, sich tatsächlich verstärkt auf die Flächenerschließung zu konzentrieren. Das Problem wird sein, dass die Homburg-Aussage, die DB AG will ihr Angebot selbst bestimmen, für jeden Aufgabenträger das erhebliche Risiko birgt, für den Fall dass keine wie auch immer gearteten Geldflüsse zwischen Aufgabenträger und DB Fernverkehr zustandekommen, das Angebot kurzfristig wieder einzustellen, weil es auf einmal unwirtschaftlich ist. Doch warten wir erstmal ab, wie in einigen Jahren das SPFV-Netz in Deutschland aussehen wird. Die Bahn jedenfalls agiert unternehmenspolitisch klug.

Siehe auch: DB AG stellt neues SPFV-Konzept vor

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