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Preisfindung im SPNV: Was ist gut, was ist schlecht?

16.03.15 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

In der Diskussion um die Guidelines zur VO 1370/07 hat man sich beim VDV schon früh positioniert. So spricht man sich z.B. dafür aus, dass sich hohe Gewinne aus dem einen Netz mit Kampfpreisen in anderen Netzen querfinanzieren lassen sollen. Im SPNV sollen Quersubventionierungen und Unterkostenpreise erlaubt bleiben. Das heißt jetzt nicht, dass es einen Rechtsanspruch geben kann.

Ein Beispiel: Vor einigen Jahren hat DB Regio im Elektronetz Hanse einen Preis vorgelegt, der deutlich unter der Kalkulation der LNVG lag. Der Aufgabenträger aus Niedersachsen fürchtete, dass DB Regio hier mit Dumpingpreisen ins Rennen geht und bat um Offenlegung der Kalkulation, um diesen Verdacht aus der Welt zu räumen. Zwar war DB Regio nicht verpflichtet, ein solches Unternehmensgeheimnis zu lüften, jedoch hat die LNVG das Angebot dann von der Vergabe ausgeschlossen. In diesem Netz fährt heute der Metronom.

Einer der größten Aufgabenträger Deutschlands ist die Bayerische Eisenbahngesellschaft, die u.a. für zwei große S-Bahnnetze in München und Nürnberg sowie zahlreiche RE- und RB-Linien zur Flächenerschließung verantwortlich ist. Dort sieht man die Sache differenziert und teilt auf Anfrage mit: „Taktische Preissetzung, wie z.B. Markteintrittspreise, sind grundsätzlich vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Entscheidend ist letztlich, ob durch den Preis die ordnungsgemäße Vertragserfüllung ernsthaft gefährdet wird.“ Auch mit sehr niedrigen Preisen hatte man dort bereits zu tun, wenn man auch nie soweit gehen musste, ein Angebot wegen ernsthaftem Dumpingverdacht ausschließen zu müssen.

Sehr niedrige Preise müssen noch nicht zwingend unglaubwürdig sein, wie die BEG mitteilt. „In solchen Fällen hat die BEG diese Angebote (teils mit Beteiligung externer Gutachter) auf Herz und Nieren geprüft, so wie es das Vergaberecht in solchen Fällen vorsieht. Bisher wurde in allen Fällen letztlich festgestellt, dass die Vertragserfüllung im Falle des Zuschlags auf diese Angebote nicht gefährdet ist, sodass diesbezüglich kein Ausschlussgrund vorlag.“ Die Kalkulation des Aufgabenträgers muss ja nicht immer stimmen und es ist durchaus im Interesse einer maximal wirtschaftlichen Mittelverwendung, wenn der Betreiber Effizienzen hebt und Sparpotentiale entdeckt, die der Aufgabenträger übersehen hat. Jedoch ist das nur die eine Seite der Medaille.

Eine bewusste Querfinanzierung zwischen viel zu hohen Gewinnen im Netz A und Dumpingpreisen im Netz B lehnt man in Bayern ab. „Die Kompensation von Niedrigpreisen in einem Netz mit hohen Gewinnen aus direkt vergebenen anderen Netzen ist aus unserer Sicht nicht akzeptabel. Allerdings kann der Aufgabenträger nur schwer dagegen vorgehen. Um dieses Problem zu lösen, also dass Verkehrsunternehmen von früheren Direktvergaben nicht länger profitieren, arbeiten wir mit Hochdruck daran, bis Ende 2023 jedes Netz in Bayern mindestens einmal wettbewerblich vergeben zu haben, um so die Anzahl der direkt vergebenen Verkehrsverträge möglichst schnell zu verringern.“

Darüber hinaus verweist man darauf, dass es im Rahmen der VO1370/07 für Direktvergaben Prüfmechanismen geben muss, die verhindern sollen, dass es zu einer Überkompensation in einem solchen Netz kommt. Jedoch sind Direktvergaben nach dieser EU-Verordnung (unabhängig von der noch ungeklärten Frage, ob ebenjene Regelung überhaupt mit EU-Primärrecht vereinbar ist) nur dann möglich, wenn das nicht nach nationalem Recht untersagt ist. Das ist in Deutschland seit dem Abellio-Urteil jedoch der Fall.

In jedem Fall, so Frank Zerban, Geschäftsführer der BAG SPNV, benötigen beide Seiten, Betreiber und Aufgabenträger, Sicherheit für die Dauer des Verkehrsvertrages, auch finanzieller Natur. „Um ausschließlich wirtschaftliche Angebote zu bezuschlagen, wird i.d.R. im Vorfeld durch Experten für die jeweilige Ausschreibung eine Abschätzung der zu erwartenden Angebotspreise anhand von Erfahrungswerten durchgeführt. Überschreiten die Angebote die ermittelten Werte deutlich, liegen unwirtschaftliche Angebote vor, was zu einer Aufhebung der Vergabe berechtigt. Bei ungewöhnlich niedrigen Angebotspreisen wird im Rahmen einer Aufklärungsanfrage deren Plausibilität geprüft. Nur wenn diese positiv abgeschlossen wird, kann ein Zuschlag erfolgen.“ Ein Thema, das gerade im Hinblick auf den politischen Teil des vierten Eisenbahnpakets sowie das nationale Eisenbahnregulierungsgesetz in Deutschland sicher in den kommenden Monaten immer wieder für Gesprächs- und Diskussionsstoff sorgen wird.

Siehe auch: Kein Unterkompensation, Nein zu Dumping

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