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National Express soll S-Bahn Nürnberg betreiben

05.02.15 (Bayern) Autor:Stefan Hennigfeld

Wie die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) bekannt gegeben hat, soll National Express künftig die S-Bahn Nürnberg fahren. Es wäre, so die Zuschlagserteilung wie geplant erfolgt, nach der S-Bahn Bremen das zweite Netz, das nicht von der Deutschen Bahn betrieben würde. Bei dem Verfahren handelt es sich um ein europaweites freihändiges Wettbewerbsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb. Wie bei der öffentlichen Ausschreibung konnten sich europaweit alle interessierten Eisenbahnverkehrsunternehmen um die zu vergebende Verkehrsleistung bewerben. Der endgültige Zuschlag kann wegen der Einspruchsmöglichkeiten der unterlegenen Bieter frühestens nächste Woche Freitag (13. Februar) erfolgen.

Im Rahmen der Neuausschreibung wird es auch Leistungsausweitungen geben. Neben den heutigen S-Bahn-Strecken von Nürnberg nach Bamberg, Hartmannshof, Altdorf, Neumarkt, Roth und Ansbach gehören dazu auch die geplante S-Bahn-Verlängerung über Ansbach hinaus nach Dombühl und der heutige Allersberg-Express (zukünftige S5). „Damit wächst das Nürnberger S-Bahn-Netz um weitere 48 Kilometer auf 272 Kilometer Streckenlänge. Das Fahrplanangebot können wir insbesondere dann verbessern, wenn die Deutsche Bahn die Infrastruktur fertig ausgebaut hat“, erläuterte Johann Niggl, Geschäftsführer der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG). Zudem werden die älteren lokbespannten Wagenzüge sowie die bisherigen elektrischen Triebzüge des Typs Talent 2 durch neue Fahrzeuge ersetzt. Der Vertrag soll im Dezember 2018 und bis Dezember 2030 laufen. Da eine komplette Inbetriebnahme der Infrastruktur zum Betriebsstart nicht garantiert werden kann, hat die BEG mehrere Betriebsstufen vorgesehen.

Der durchgehende 20-Minuten-Takt nach Erlangen sowie der 20-Minuten-Takt nach Forchheim in der Hauptverkehrszeit sollen umgesetzt werden, sobald die Infrastrukturbetreiber DB Netze die hierfür notwendige Infrastruktur zur Verfügung stellen. Für National Express ist ein weiterer wichtiger Schritt im deutschen Eisenbahnmarkt, nachdem man bereits in Nordrhein-Westfalen eine Vergabe für sich entscheiden konnte. Der Markteinstieg erfolgte unmittelbar nach dem Abellio-Urteil, als eine neue Rechtslage in Deutschland geschaffen wurde, die für die SPNV-Betreiber deutlich mehr Sicherheit bietet. Ursprünglich war das Unternehmen mit seiner international bekannten Busmarke City2City auch im deutschen Fernbusmarkt aktiv, ist dort nach einiger Zeit jedoch wieder ausgestiegen. Der Konzern hat weltweit ca. 40.000 Mitarbeiter und bietet im Vereinigten Königreich sowie auf drei weiteren Kontinenten Leistungen im Schienenpersonennahverkehr und im Busverkehr an. Das Unternehmen ist daher lediglich in Deutschland neu.

In Bayern werden dabei, wie in der Vergabe festgelegt, nicht nur die Tarife der Verkehrsgemeinschaft Großraum Nürnberg anerkannt, sondern auch an die bekannten Qualitätstestsysteme der BEG regelmäßig durchgeführt. Die Züge werden dabei von Škoda Transportation geliefert. Insgesamt 38 Fahrzeuge liefert der tschechische Hersteller für zehn Milliarden Kronen (rund 360 Millionen Euro) an National Express. „Es handelt sich um einen Schlüsselauftrag der bestätigt, dass unsere Erzeugnisse qualitativ hochwertig und konkurrenzfähig sind. Unsere hohen Investitionen der letzten Jahre in Forschung und Entwicklung zahlen sich jetzt aus, dank ihnen können wir uns mit den größten globalen Herstellern von Schienenfahrzeugen messen. Dieser Großauftrag beweist auch die Richtigkeit unserer Strategie, uns auf die westlichen Märkte zu orientieren“, erklärt Tomáš Krsek, Vorstandsvorsitzender von Škoda Transportation.

Dabei zeichnet sich bereits jetzt ab, dass die Vergabe politisch umstritten sein wird. Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) forderte bereits in dieser Woche eine Rücknahme der Entscheidung. Im Radiosender Bayern 2 sagte er: „Wir kämpfen natürlich in unserer Stadt um jeden industriellen Arbeitsplatz. Wir haben nichts dagegen, wenn der älteste Bahnstandort Deutschlands auch mit dem ältesten Bahnbetreiber Deutschlands zusammenarbeitet.“ Allein die Tatsache, dass der gebotene Preis unter dem von DB Regio liege sei unglaubwürdig. Auch der sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete Martin Burkert, der im Vorstand der EVG ist, sprach von einem „schwarzen Tag“. Noch läuft die Einspruchsfrist, ob DB Regio (oder ein anderer unterlegener Bieter) rechtliche Schritte einleitet, muss noch abgewartet werden.

Siehe auch: Der fränkische Paukenschlag

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