Große Bahn ganz klein
26.02.15 (Fernverkehr, Kommentar) Autor:Max Yang
Die Deutsche Bahn möchte in einem Jahr mit einem viermal so umfangreichen Fernbus-Angebot aufwarten wie heute. Wieso nicht, könnte man nun denken, denn auch traditionell aus dem Bussektor kommende Unternehmen wie Stagecoach, Go-Ahead, First Group oder National Express bieten auf ausgeschriebene Bahnnetze und wagen jetzt auch den Sprung über den Kanal nach Kontinentaleuropa (auf die mit xenophoben Untertönen geführte Kampagne gegen National Express in Nürnberg gehen wir hier mal nicht weiter ein). Allerdings handelt es sich bei den genannten Unternehmen um börsennotierte Private.
Es hat eben ein Geschmäckle, wie man in Süddeutschland sagt, wenn ein Betrieb im Staatseigentum gleichzeitig die Schieneninfrastruktur verwaltet (und dafür ordentlich Geld vom Bund bekommt) und sich dann noch breit als multimodaler Mobilitätsanbieter aufstellen will, der nicht nur ins Ausland expandiert, sondern auch noch ein starkes Konkurrenzangebot auf Märkten wie Fernbussen (Berlinlinienbus) und Carsharing (Flinkster) zu Privaten aufbauen will. Und auch wenn man es nicht zugeben mag, es gibt durchaus Fernverkehrsstrecken der DB, auf denen es eine auffällige Häufung besonders günstiger 19- und 29-Euro-Sparpreise gibt, man denke nur an die Strecke Berlin-Leipzig. Dies geschah sicher auch, um sich gegenüber Bussen oder NE-Fernzügen besser zu positionieren, die mangels City-Ticket, Nahverkehrs-Vor- und Nachlauf sowie Zugriff auf das internationale Bahn-Buchungssystem selbst keinen leichten Start haben.
Die neue Fernbus-Strategie der DB zeigt, dass man sich nicht auf das durch Rüdiger Grube in Zeitungsinterviews gepriesene „Brot- und Butter-Geschäft“ zurückbesinnt, sondern wieder expandiert wird, zumal die einstige Cashcow SPNV durch eine verstärkte Wettbewerbsorientierung vieler Aufgabenträger längst nicht mehr so margenträchtig ist wie vor zwei Jahrzehnten. Man sollte sich keinen Illusionen hingeben, dass die DB ein gemeinwirtschaftliches Unternehmen sei, das quasi als Fortsetzung der Bundesbahn nur im Sinn habe, auf der Schiene das beste Produkt für die Reisenden zu liefern. Zweifellos ist auch in Schweden oder Großbritannien, zwei der Staaten in Europa mit den wohl umfangreichsten Eisenbahnreformen, nicht alles eitel Sonnenschein.
Aber wenn die Deutsche Bahn nur noch ein intermodaler Mobilitätsdienstleister von vielen sein will, wie National Express oder First Group auch, sollte man sie auch entsprechend behandeln und althergebrachte Privilegien endlich streichen. Eine stärkere Regulierung in Deutschland muss die zwingende Folge sein, zunächst beginnend mit einer Trennung von Netz und Bahnbetrieb. Auch der Irrglaube, es gäbe einen „geborenen Betreiber“ für Bahnverbindungen, ist aufzugeben. SPFV ist nicht mehr als Abenteuerspielplatz für Hasardeure, sondern als Wirtschaftsförderung zu betrachten und wettbewerblich durch den Bund zu vergeben. Und auch das Buchungs- und Tarifsystem mit den BahnCards könnte in die Hände eines gemeinsam von allen Personenverkehrs-EVU gehaltenen Branchenverbandes übergehen, um einen fairen Wettbewerb zu sichern.
Siehe auch: Deutsche Bahn mit neuer Fernbusstragie