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Es geht schon wieder los

19.02.15 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Es darf doch wohl nicht wahr sein. Jetzt steht schon wieder ein Streik an, weil die Verhandlungen zwischen der Deutschen Bahn und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer nicht funktioniert haben. Beide Seiten schieben sich gegenseitig die Verantwortung in die Schuhe und sagen, dass der jeweils andere für den aktuellen Zustand allein verantwortlich sei. Und wissen Sie was? Inzwischen ist mir das genauso egal, wie den Fahrgästen, die wegen eines Streiks am Bahnsteig stehen und nicht wissen, wie sie zur Arbeit kommen können.

Da sich beide Seiten außerhalb laufender Tarifverhandlungen stets in der Frage einig sind, dass der Verkehrsträger Schiene politisch stärker gefördert werden muss, so sorgen sie doch mit Arbeitskämpfen wie diesem dafür, dass ebenjener erheblichen Schaden nimmt. Ja, ein Streik kann gewaltig nach hinten losgehen, nämlich dann, wenn die Leute aufs Auto umsteigen und merken, dass das ja auch ganz gut klappt. Ich habe auch in der jetzigen Situation keinerlei Verständnis dafür, dass beide Seiten sich gegenseitig öffentlich bekriegen. Jetzt ist die Rede von hundert Stunden Streik, also mehr als vier Tagen. Okay, setzen wir das ins Verhältnis, noch einmal: Vergangenes Jahr hat Verdi den kommunalen ÖPNV insgesamt 72 Stunden plattgemacht, einmal für 24, einmal für 48 Stunden. Das war ein Warnstreik, also nur die Vorspeise für eine richtige Auseinandersetzung.

Vor diesem Hintergrund sind 100 Stunden in der jetzigen Phase der Eskalation sicherlich nicht besonders viel. Auf der anderen Seite muss man sich die Frage nach politischen Konsequenzen stellen. Das muss zum einen die verstärkte Einführung von Loslimitierungen bei künftigen SPNV-Vergaben sein, um sicherzustellen, dass der Betrieb auch bei längeren Streiks oder anderweitigen Ausfällen bzw. Schlechtleistungen einzelner Betreibern aufrecht erhalten werden kann, wenn auch nur im begrenzten Umfang. Zum anderen muss man sich ernsthaft die Frage stellen, ob nicht Streiks grundsätzlich der späteren Phase eines Arbeitskampfes vorbehalten sind, nämlich für die Zeit nach dem gescheiterten Schlichtungsverfahren.

Natürlich soll die Gewerkschaft das Recht haben, ihren Forderungen mit Ausständen Nachdruck zu verleihen. Wenn aber die Verhandlungen so erkennbar immer wieder scheitern und man fest davon ausgehen kann, dass es so schnell keine Einigung geben wird, dann muss ein Ausweg gesucht werden und der kann nur über ein Schlichtungsverfahren laufen. Nochmal zur Erinnerung: 2010 gab es auch zwischen den NE-Bahnen und der EVG in der Diskussion um den Branchentarifvertrag und die Regelungen zum Betreiberwechsel eine festgefahrene Situation, die dann unter der Leitung des inzwischen verstorbenen früheren Bundesverteidigungsministers Peter Struck in einem Schlichtungsverfahren gelöst wurde. Auch zwischen DB und GDL gibt es gute Erfahrungen mit moderierten Gesprächen, im Jahr 2007 mit Kurt Biedenkopf und Heiner Geißler. Vielleicht kommt auch alles ganz anders und es wird gestreikt. Dann soll aber keiner rumjaulen, wenn die Eisenbahn wieder, wie zu schlimmsten Bundesbahnzeiten, als unzuverlässig gilt.

Siehe auch: GDL droht mit neuerlichen Streiks

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