Planungssicherheit und ökonomische Vernunft
29.01.15 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Es ist richtig, dass die Aufgabenträger langfristige Planungssicherheit zur Angebotsdefinition brauchen. Wer heute nicht weiß, wie viel Geld er im kommenden Jahr hat, der kann keine langfristigen Verkehrsverträge abschließen, zumindest nicht ohne ganz erheblich ins Risiko zu gehen. Natürlich besteht die Möglichkeit, die Abbestellvolumina in den Verkehrsverträgen von Anfang an sehr groß zu gestalten, jedoch wird dann der Preis für den einzelnen Zugkilometer steigen. Kein Betreiber kann sich auf das Risiko einlassen, innerhalb laufender Verträge auf einmal erhebliche Einnahmeeinbrüche zu verzeichnen, weil der Aufgabenträger einen nicht geringen Teil der Leistungen (ohne Vorwarnung) abbestellt.
Deswegen ist es notwendig, dass langfristige Planbarkeit sichergestellt wird, das gilt sowohl im Hinblick auf die nominelle Verfügbarkeit als auch für die realen Mittel. Wenn bereits absehbar ist, dass für 15 Jahre die Regionalisierungsgelder um jährlich 1,5 Prozent steigen, jedoch die Trassengebühren um 2,5 Prozent, dann wird es neben stets sehr, sehr hohen Fahrpreiserhöhungen immer auch Leistungskürzungen und Abbestellungen geben. Das wird im Endeffekt auch dazu führen, dass der konstant niedrige Anteil der Eisenbahn am bundesweiten Gesamtverkehrsaufkommen nicht zu halten sein wird – wenn Fahrgastgruppen aufs Auto umsteigen, weil es 1. wirtschaftlicher wird und sich 2. die Mobilitätsverfügbarkeit durch die Schiene verringert.
Nun ist das aber nur eine Seite der Medaille. Die andere ist, wie denn mit den im Eisenbahnwesen verfügbaren Mitteln umgegangen wird. Da ist es zum einen bemerkenswert, was es noch immer für unwirtschaftliche Vergaben gibt. Es gab vor fünf Jahren mal die Forderung, bei der horizontalen Verteilung eine neue Komponente zur Wirtschaftlichkeit einzuführen. Es wurde richtigerweise erkannt, dass die Aufgabenträger im Moment keinerlei Eigeninteresse an einer wirtschaftlichen Vergabe haben: Egal, wie hoch der spezifische Zuschussbedarf pro Platz- oder Zugkilometer ist, es tut sich nichts an der nominellen Mittelverfügbarkeit. Wenn jedoch besondere Ausschreibungserfolge mehr Geld nach sich zögen, besonders unwirtschaftliche Vergaben aber dazu führen, dass Geld gestrichen wird, könnte das anders werden. Natürlich auch auf Kosten der Fahrgäste, die nicht für die objektiv vorhandene Misswirtschaft einiger Aufgabenträger in Deutschland verantwortlich sind.
Doch das ist nur ein Punkt. Ebenso wichtig ist die Frage, wo die Eisenbahn Potential hat und wo nicht. Wenn in der märkischen Wüste Züge mit 300 Fahrgastfahrten am Tag gefahren werden, während die S-Bahnsysteme in Hamburg oder München aus allen Nähten platzen, dann stimmt was nicht. Die horizontale Verteilung muss sicherstellen, die Stärken der Schiene fördern, auch wenn einige Landesfürsten das nicht wahrhaben wollen. Das gilt übrigens auch innerhalb der Länder. Eine regelmäßige S-Bahn zwischen Königs-Wusterhausen und Berlin ist wichtiger als die romantische Nebenbahn in Brandenburg. Die Frage nach der Mittelverteilung stellt sich daher auf unterschiedlichen Ebenen, ist aber stets sehr wichtig.
Siehe auch: Regionalisierungsgelder: Zukunft weiter offen