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Ernsthafte SPFV-Konzepte statt Nebelleuchterei

19.01.15 (Fernverkehr, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Wir brauchen also Nachtzüge in Deutschland. Aha. Und überhaupt muss endlich mal ein Konzept für den Fernverkehr vorgelegt werden. Interessant. Deutschlandtakt heißt das Zauberwort. Ja sicher. Dann soll eben investiert werden. Klar. Das Kernproblem des SPFV wird in der politischen Debatte vollständig ausgeblendet, nämlich, dass ein erheblicher Teil dessen, was im Interesse eines angemessenen, deutschlandweiten Schienenverkehrs notwendig wäre, eigenwirtschaftlich nicht darstellbar ist. Für die Deutsche Bahn nicht und für andere Anbieter erst recht nicht. Da nutzt es auch nicht, wenn es in einigen Bundesländern multipel rechtswidrige InterCity-Alimentierungen aus Regionalisierungsgeldern gibt.

Es braucht ein politisches Konzept für den Fernverkehr, inklusive Nacht- und Autozüge, auch wenn das niemand aussprechen will. Warum eigentlich nicht? Bereits seit Jahren gibt es eine Initiative Deutschlandtakt, die aus genau diesem Grund nicht mehr weiterkommt, weil man die entscheidende Erkenntnis für den Fernverkehr nicht artikuliert. Die EVG zeigt sich meinungsfreudig, man solle doch bitte alles erhalten. Das ist bei der Gewerkschaft ein intellektueller Fortschritt: Die Erkenntnis, dass die Einstellung von Eisenbahnverkehr die Beschäftigungsgrundlage wegbrechen lässt, ist dort noch gar nicht so lange vorhanden.

Noch vor ein paar Jahren hieß es, als im Ruhrgebiet eine Regionalbahnlinie von der Schließung bedroht war, dass die Frage nach Abbestellungen kein Thema für Gewerkschaftsarbeit sei. Es ist zunächst einmal zu begrüßen, dass man von dieser Ansicht abgekommen ist. Es ändert aber nichts daran, dass auch für die Deutsche Bahn bestimmte Dinge einfach nicht wirtschaftlich zu betreiben sind, da nutzen auch keine noch so schönen Investitionen oder unternehmerische Anstrengung etwas. Im Energiewesen wacht die Bundesnetzagentur über ausreichende Versorgungsstabilität. Wenn diese nicht mehr gewährleistet ist, ist sie befugt, den Bau neuer Kraftwerke auszuschreiben. Es wird auf die Kräfte des Marktes vertraut, jedoch nicht ohne im Fall eines Marktversagens steuernd eingreifen zu können.

Ein solches System wäre auch im Eisenbahnwesen sinnvoll. Jeder darf eigenwirtschaftlich fahren (das Thema Tarifierung ist ein weiteres, das an dieser Stelle leider vernachlässigt werden muss), aber wenn bestimmte Dinge nicht mehr angeboten werden, dann greift eine zu gründende Behörde (oder vielleicht auch die Bundesnetzagentur oder gar das Eisenbahnbundesamt?) ein und stellt die Versorgungssicherheit her. Dann wäre klar: Es ist nicht alles immer eigenwirtschaftlich fahrbar, aber manches. Es wäre ein gutes Zwischenmodell, das das oft gepriesene freie Unternehmertum im Markt mit garantierter Verfügbarkeit kombiniert. Somit ließe sich auch ernsthafter Wettbewerb im Fernverkehr realisieren jenseits einzelner Privatangebote auf der Schiene. Wenn DB Fernverkehr nachts oder mit Autos nicht eigenwirtschaftlich fahren will, dann guckt man, ob jemand anders Interesse hat und wenn nicht, dann muss die Leistung ausgeschrieben werden – es könnte so einfach sein mit dem Deutschlandtakt.

Siehe auch: Debatte um Auto- und Nachtzüge hält an

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