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Debatte um Auto- und Nachtzüge hält an

19.01.15 (Fernverkehr) Autor:Stefan Hennigfeld

In der letzten Woche gab es im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages eine Anhörung zur Zukunft der Auto- und Nachtreisezüge im SPFV. Diese hat die Deutsche Bahn zum Fahrplanwechsel weitgehend eingestellt. Man hält das Angebot für unwirtschaftlich und will es daher nicht weiter betreiben. Allerdings: Vor dem Ausschuss sagte Ulrich Homburg, Vorstand für Personenverkehr, die Nachfragesituation der verbliebenen Angebote sei stabil. Angeblich mache der Bereich einen Verlust in zweistelliger Millionenhöhe, so zumindest 2013 – Genaueres nannte die Bahn mit Verweis auf das Unternehmensgeheimnis dem Ausschuss nicht. Auf Betriebsratsseite sieht man das anders, hier ist von einem geringen Gewinn die Rede. Wer am Ende recht behält, lässt sich von außen jedoch nicht nachvollziehen.

Der Verbraucherzentrale-Bundesverband fürchtet, dass langfristig aufgrund der schlechteren Angebote weitere Kunden wegbrechen könnten und fordert verlässliche Fahrten. „Der Rückzug der Deutschen Bahn aus dem Nachtzugangebot ist symptomatisch für das geringe Interesse der Konzernleitung an Wünschen und Erwartungen der Fahrgäste“, sagt Marion Jungbluth, Teamleiterin Energie und Mobilität beim vzbv. Sie vertritt die Verbraucherinteressen während der Anhörung im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages. Das Angebot Nachtzug müsse sich zwar gegenüber starker Konkurrenz durch erschwingliche Flug- und Hotelpreise sowie dem Angebot an Nachtfahrten mit Fernbussen behaupten. Trotzdem habe das Nachtzugangebot der Bahn aus Verbrauchersicht weiterhin einen besonderen Stellenwert.

„Entscheidend ist, dass Verbrauchern auch bei längeren Reisedistanzen ein attraktives, verlässliches und preiswertes Angebot zur Verfügung steht“, so Jungbluth. „Liegend zu reisen, bietet ansonsten nur die Luxusklasse im Flugzeug. Um die Potenziale des Nachtzugs auszuschöpfen, muss das Konzept grundsätzlich reformiert und auf neue Füße gestellt werden. Ein Sechserliegeabteil ist nicht mehr zeitgemäß. Die Streichung des Bordrestaurants auf Nachtzuglinien hat Reisenden guten Service und wichtige Begegnungs- und Aufenthaltsmöglichkeiten genommen. Ein attraktives Nachtzugangebot aus Kundensicht sieht anders aus. Ansprüche der Fahrgäste an die Ausstattung mit Steckdosen, WLAN und abschließbaren Wertfächern müssen erfüllt werden. Dem Bedürfnis nach Individualität beim Reisen muss die Bahn Rechnung tragen“, sagt Jungbluth.

Aus Sicht der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) ist ein Erhalt der Nacht- und Autoreisezüge möglich. Dazu müssten unterschiedliche Hebel greifen, schlägt die Gewerkschaft in ihrer Stellungnahme zu einer Anhörung im Bundestags-Verkehrsausschuss vor. Zunächst solle die DB AG allerdings auf die Einstellung der Verkehre verzichten. „Wir erwarten die Bereitschaft zu einem freiwilligen Moratorium von zunächst einem Jahr“, betont der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner. In dieser Zeit seien Politik und Konzernvorstand gefordert. Zunächst müsse es zu einem von der EVG bereits angeregten „Schienengipfel“ kommen. An diesem sollten Vertreter von Politik, Unternehmen, Kunden und Verbänden teilnehmen. Nach einer Bestandsanalyse müssten „Ziele identifiziert und die Voraussetzungen für eine Renaissance des Schienenverkehrs geschaffen werden“, erklärt Kirchner. Mit bloßen Bekenntnissen zur Schiene müsse Schluss sein, Taten seien gefordert. Von der DB AG verlangt die Gewerkschaft, den Nacht- und Autoreisezugverkehr nicht als Randprodukt anzusehen.

„Raus aus der Nische, muss die Maxime sein“, fordert Kirchner. Denkbar sei ein ganzes Maßnahmenbündel. Dazu zähle beispielsweise die Verknüpfung von Tag- und Nachtzügen. Auch könne die nächtliche Nutzung der Trassen des Hochgeschwindigkeitsverkehrs die Angebote beflügeln. Ein Europa-Hub zur Bedienung europäischer Metropolen habe ebenfalls positive Effekte. Mehr Engagement fordert man auch bei der Linkspartei. Sabine Leidig, verkehrspolitische Sprecherin: „Aus schriftlichen Stellungnahmen von Sachverständigen geht hervor, wie das ‚Kulturgut‘ Nachtzugreisen in Deutschland und Europa nicht nur erhalten, sondern auch deutlich ausgeweitet werden kann. Darüber hinaus werden die Kosten der Nachtzüge von der DB AG bewusst schlecht gerechnet und aussagekräftige Daten auf Nachfrage vorenthalten.“ Allerdings: Das grundsätzliche Prinzip der Eigenwirtschaftlichkeit wird von niemandem in Frage gestellt – es soll weiterhin auf vollem Risiko der DB AG gefahren werden.

Siehe auch: Ernsthafte SPFV-Konzepte statt Nebelleuchterei

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