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Die neue Qualität der Eisenbahn

04.12.14 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Rechtzeitig zum Weihnachtsverkehr erscheint der VCD-Bahntest, also in einer Zeit, in der sich auch die preissensitive Kundschaft fragt, wie sie über die Feiertage zu ihrer Familie fahren soll: Studenten und Auszubildende, die jetzt mit dem Fernbus fahren, wären vor einigen Jahren vielleicht noch über die Mitfahrzentrale gefahren. Bahn? Zu teuer! Dass der VCD bei seiner Bewertung explizit nach den günstigsten Preisen und nicht ausschließlich nach der schnellsten Verbindung fragt, ist hier genau richtig, denn nur so kommen zahlreiche attraktive Angebote auf der Schiene raus, die es im bis vor einiger Zeit auf Spesenritter fokussierten Hochpreis-SPFV so nicht gegeben hat.

Ein einfaches Beispiel soll das verdeutlichen: Seit einiger Zeit wird die Relation zwischen Berlin und dem Ruhrgebiet durch die Bahn förmlich verramscht: Neben dem ICE fahren dort eben auch eine Menge Fernbusse. Kundenpotentiale, die die DB AG auch gerne hätte. Es geht ganz einfach: Mit dem InterCity von Berlin Richtung Amsterdam bis Minden, von dort mit dem Westfalenexpress weiter bis Düsseldorf. Hier sind relativ geringe Preise eigentlich immer verfügbar und es gibt eine zeitlich und preislich sehr interessante Alternative zum Fernbus. Ja, an dieser Stelle haben mein Kollege Max Yang und ich schon mehrfach ausgeführt, dass der Verkehrsträger Eisenbahn vom Fernbus profitiert hat, weil die DB AG ihr Angebot durch den neuen Marktdruck verbessert.

Jetzt ist es aber an der Zeit, das auch öffentlich zu kommunizieren. Zuallererst ist die DB AG in ihren Internet-Auskünften im allerengsten Wortsinne selbst am Zug: Solche preislich sehr niedrigen Verbindungen dürfen nicht erst angezeigt werden, wenn man manuell die Optionen ändern, sondern sie müssen sofort her. Übrigens ist es ja nicht nur dieser Einzelfall von Berlin ins Ruhrgebiet. Es sind auch die vielen neuen IRE-Züge, von Quer-durchs-Land und Ländertickets ganz zu schweigen. In diesem Zusammenhang wird regelmäßig gefordert, dass es beim Fernbus die gleichen Fahrgastrechte geben müsse wie bei der Eisenbahn. Das stimmt. Dem schließe ich mich vorbehaltlos an. Wenn wegen eines verpassten Anschlusses aus zehn Minuten Verspätung zwei Stunden werden, dann steht dem Fahrgast eine Entschädigung zu.

Es freut mich übrigens sehr, dass ein Großteil der Schienenverbände die Fahrgastrechte inzwischen so positiv sehen, gegen die man sich noch vor einigen Jahren mit Händen und Füßen gewehrt hat. Aber gut, Einsicht ist der erste Weg zur Besserung. Wenn aber der Eisenbahnfahrgast, der seinen Fahrschein für 25 oder 30 Euro kauft, leer ausgeht, weil er einen „erheblich verbilligten“ Tarif nutzt (insbesondere diverse verbundübergreifende SPNV-Angebote), dann muss man im Busverkehr das gleiche zugestehen. Wer für 20 Euro quer durchs Land fährt und bei mehrstündigen Verzögerungen im Eisenbahnwesen keine Entschädigungen kriegt, der kann das auch im Fernbussektor nicht erwarten. Das gilt in gleicher Form auch für die Barrierefreiheit. Wenn man das beim IRE nicht erwarten kann, weil er so billig ist, dann geht das auch im Fernbus nicht. Waffengleichheit definiert sich eben nicht nur über die Autobahnmaut.

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