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BVG nimmt Tram-Erweiterung bis Berlin Hbf in Betrieb

15.12.14 (Berlin) Autor:Max Yang

Die Berliner Verkehrsbetriebe AöR (BVG) haben am Freitag mit einer Pressefahrt die neue Straßenbahnstrecke bis zum Berliner Hauptbahnhof eröffnet. Seit dem Fahrplanwechsel verkehrt die Linie M5 nunmehr vom Hackeschen Markt aus zum Hauptbahnhof, wo auf den zwei Bahnsteigen provisorische überdachte Unterstände errichtet wurden. Die offizielle Eröffnungsfeier soll im Sommer 2015 stattfinden, wenn die eigentliche Glaskonstruktion des neuen Tram-Halts fertiggestellt ist und mit einem kleinen Fahrplanwechsel die weiteren MetroTram-Linien M8 und M10 vom Nordbahnhof kommend den Hauptbahnhof anfahren werden. Erforderlich sind hierzu noch weitere Leitungs-, Gleisbau- und Straßenbauarbeiten auf dem Ostabschnitt der Invalidenstraße.

Perspektivisch ist eine Erweiterung der Trasse durch den Ortsteil Moabit bis zur Turmstraße geplant. Weitere „Leuchtturmprojekte“ in Bezug auf das Berliner Straßenbahnnetz, die sich noch im Vorbereitungsverfahren befinden, sind unter anderem die Anbindung von „Adlershof 2“, dem S-Bahnhof Ostkreuz, Mahlsdorf, sowie die Straßenbahn vom Alexanderplatz über Leipziger Straße hin zum Potsdamer Platz. Eine jahrelange Vorlaufzeit ist üblich. Ein Straßenbahn-Revival in West-Berlin, in welchem die Tram in den 1970ern von den Straßen verbannt und durch erweiterte bzw. neu gebaute U-Bahn-Linien und dicht getaktete Buslinien ersetzt wurde, ist jedoch seitens der BVG nicht abzusehen.

Auf der Pressefahrt befanden sich neben BVG-Chefin Sigrid Nikutta auch unter anderem der neu gewählte Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) sowie der Verkehrsstaatssekretär Christian Gaebler (SPD). Während zu Beginn der Pressefahrt am Hackeschen Markt penible Einlasskontrollen praktiziert wurden, um vermeintlichen Touristen den Zugang zur Tram zu verwehren, konnte am Hauptbahnhof eine junge Mutter mit Kind unbürokratisch einsteigen, die neu eingerichtete Verbindung testen und sogar der Berliner Abendschau ein Interview geben.

Weiteres Kuriosum am Rande: In der beinahe fabrikneuen Bombardier-Tram, die für die Pressefahrt hergerichtet wurde, befand sich ein Fahrkartenautomat von Ascom aus den 1990er-Jahren, welcher lediglich Münzen nimmt und eine sehr kleine Auswahl an VBB-Fahrkarten verkauft. Die Ersetzung der Automaten im Fahrzeug durch eine zeitgemäße neue Bauserie, welche auch Banknoten und Kartenzahlung akzeptiert, ist zwar grundsätzlich geplant. Jedoch konnte vor Ort niemand Auskunft über den aktuellen Stand der Beschaffung der neuen Automaten geben. Nun mag gerade in Deutschland die Kartenzahlung großflächig auf nicht immer berechtigte Vorbehalte stoßen, doch sollte angesichts des Preises einer Berlin-Tageskarte von inzwischen wesentlich deutlich als 6 Euro keinesfalls zu erwarten sein, dass die Tram-Fahrgäste diesen Fahrpreis immer griffbereit in Münzen haben.

Immerhin ist, eineinhalb Jahre nach Einführung der Fünf-Euro-Scheine, kürzlich die Umrüstung der stationären BVG-Automaten in den U-Bahnhöfen beendet worden. Ein großer Teil hat nun neue Einzüge, ein anderer gar keine Banknoteneinzüge mehr. Kredit- und viele internationale Bankkarten werden an den Automaten des kommunalen Verkehrsbetriebs der Bundeshauptstadt dennoch nicht akzeptiert. Trotz offensichtlich massiver Schwächen zweifelt die Landespolitik nicht an der BVG. Auf Anfrage erklärte Verkehrsstaatssekretär Gaebler, es seien keine wettbewerblichen Vergaben für den ÖPNV in Berlin geplant, wie sie etwa in Frankfurt am Main im Busverkehr und in London auch im Stadtbahnverkehr seit Jahren praktiziert werden. Einerseits habe man sich in der Koalitionsvereinbarung zu einer weiteren Direktvergabe an die BVG bekannt und stehe nun zu einer Bestandsgarantie bis 2025, andererseits seien die Berliner mit den Leistungen der BVG hochzufrieden.

Mit einer Direktvergabe könne die BVG flexibel reagieren. Zwar würde auch die BVG Subunternehmen für den Stadtbusverkehr einsetzen, jedoch gäbe es politische Vereinbarungen mit den mittelständischen Busunternehmen. Der Subunternehmeranteil solle nicht weiter erhöht werden. Die Interpretation dieser Aussagen kann ganz dem Beobachter überlassen werden. Eine wie auch immer politisch festgestellte Zufriedenheit der Berliner – die oft nichts anderes kennen als die BVG – bedeutet noch lange nicht, dass der ÖPNV auch einem wichtigen Wirtschaftsfaktor der Stadt gerecht wird, nämlich den Millionen Touristen, die jedes Jahr Berlin besuchen.

Siehe auch: Eher arm als sexy/a>

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