Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Volle Breitseite im GDL-Streik

10.11.14 (Allgemein) Autor:Stefan Hennigfeld

Vorzeitig, bereits am Samstag um 18 Uhr endete der Streik der GDL. Nachdem sowohl das Arbeitsgericht Frankfurt am Main als auch das Landesarbeitsgericht Hessen Anträge auf einstweilige Verfügungen der DB AG gegen die GDL verworfen haben, ließ man „als Zeichen der Versöhnung“ doch kürzer streiken. Ob es jetzt zu neuen Gesprächen kommt oder nicht, bleibt abzuwarten. Vor Gericht berief man sich, neben einigen Hilfsargumentationen, im Wesentlichen darauf, dass der Streik unverhältnismäßig sei. Der Streik sollte im Personenverkehr 98 Stunden dauern, also etwas mehr als vier Tage – nicht ausreichend, um aus Sicht des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main unverhältnismäßig zu sein. Im Übrigen hat man unbefristete Ausstände bereits seit längerer Zeit ausgeschlossen. Diese wird es nicht geben. Es ist davon auszugehen, dass auch hier das Thema Verhältnismäßigkeit eine Rolle spielt, denn bei einem Streik mit offenem Zeithorizont stünden die Chancen für die Deutsche Bahn vor Gericht besser.

Während der mündlichen Verhandlung hat die dem Verfahren vorsitzende Richterin insgesamt zwei Vergleichsvorschläge ausgearbeitet, auf die die Deutsche Bahn eingehen wollte – die GDL hat es jedoch abgelehnt. Nachdem sie das Verfahren für sich entscheiden konnte, wirkt das Vorgehen aus Sicht der GDL richtig. Teil des Vergleichsvorschlags war eine anderthalbwöchige Streikpause bis kommenden Montag, den 17. November. In dieser Zeit hätten die DB AG einerseits sowie GDL und EVG andererseits Zeit gehabt, neue Grundbedingungen zur Verhandlung auszuarbeiten. Die GDL ist hier jedoch unnachgiebig und möchte in jedem Fall einen Tarifvertrag für alle ihre Mitglieder abschließen, die im Fahrdienst beschäftigt sind. Mehrere Tarifverträge für die Mitglieder mehrerer Gewerkschaften seien bei anderen Akteuren bereits üblich. Der bayerische GDL-Landesvorsitzende Uwe Böhm nannte als Beispiel im BR-Fernsehen Agilis und die Vogtlandbahn. Hier soll es bereits unterschiedliche Tarifverträge geben, für die die Beschäftigten sich dann (je nach Gewerkschaftszugehörigkeit) entscheiden können.

Verständnislos zeigt man sich auch beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), dem die GDL jedoch nicht angehört. „Wir setzen uns dafür ein, gemeinsam im Rahmen einer Tarifgemeinschaft zu vernünftigen Lösungen zu kommen“, sagte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann an diesem Dienstag im ARD-Morgenmagazin. „Das hat Herr Weselsky leider zu meinem Entsetzen abgelehnt“. Die konfrontative Linie der GDL sehe er „sehr skeptisch“. Auch der langjährige GDL-Vorsitzende Manfred Schell, der das Amt von 1989 bis zu seinem altersbedingten Ausscheiden 2008 innehatte, hat in verschiedenen Fernsehsendern seine bereits in der Bildzeitung geäußerte Kritik erneuert. Er verwies darauf, dass noch nie ein Arbeitskampf so endete, wie die Einstiegsforderungen einer Tarifpartei gelautet habe. Schell hat damals darauf verzichtet, die Zugbegleiter zu tarifieren. Am Ende des Weges stand der Lokführertarifvertrag. Was jetzt kommt, ist offen. Die Deutsche Bahn hat unterdessen eine Schlichtung vorgeschlagen, nach dem Vorbild des Verfahrens, das 2007 geführt wurde. Auch damals wurde innerhalb von drei Minuten unter Vermittlung von Kurt Biedenkopf und Heiner Geißler ein Kompromiss ausgearbeitet, der im mit dem 30. Juni 2014 ausgelaufenen Grundlagentarifvertrag endete, wonach die GDL die Triebfahrzeugführer organisiert, in allen anderen Berufsgruppen bleibt die heutige EVG Ansprechpartner der DB AG. Diesen Vertrag will man nicht verlängern, sondern für alle Mitglieder verhandeln, was die Deutsche Bahn jedoch ablehnt.

Mit der Argumentation „Grundrechte sind nicht teilbar“ lehnt die GDL auch den Schlichtungsvorschlag offiziell ab. Dabei könnte der vorzeitige Streikabbruch ein Zeichen dafür sein, dass doch wieder informelle Gespräche stattfinden. Die zuletzt zweiwöchige Streikpause wurde ja auch dazu genutzt, auch wenn es am Abend des 2. November doch zu keiner Einigung gekommen ist – zumindest aus Sicht der Deutschen Bahn überraschend. Nach allen bisherigen Erfahrungen muss man aber davon ausgehen, dass die GDL nur dann überhaupt zu Tarifverhandlungen bereit sein wird, wenn im Vorfeld feststeht, dass sie auch für diese Mitglieder verhandeln kann, die Berufsgruppen angehören, die mehrheitlich in der EVG organisiert sind. Auch 2007 forderte der DB-Vorstand einen „konflikt- und widerspruchsfreien Konzerntarif“ und konnte sich nicht durchsetzen. Was diesmal kommt, bleibt abzuwarten.

Siehe auch: Eisenbahn außer Kontrolle
Siehe auch: Der Kampf um die öffentliche Meinung

Kommentare sind geschlossen.