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Tarifverhandlungen haben begonnen

24.11.14 (Allgemein) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Deutsche Bahn hat am vergangenen Freitag parallele Tarifverhandlungen mit beiden Eisenbahnergewerkschaften geführt: Vormittags mit der EVG, nachmittags mit der GDL. Die EVG beendete die Gespräche bereits nach einer Stunde: Sie sind zwar gut verlaufen, jedoch braucht die Gewerkschaft Zeit, das mehrere hundert Seiten starke Angebot des Arbeitgebers ausführlich zu prüfen und zu bewerten. Am 3. Dezember tagt nun die Tarifkommission, am 12. Dezember werden die Verhandlungen zwischen DB AG und EVG fortgesetzt.

Erst 18 Stunden vor Verhandlungsbeginn erhielten die Gewerkschaftsvertreter die Unterlagen. Verhandlungsführerin Regina Rusch-Ziemba: „Dass dessen Inhalt Grundlage für die heutigen Tarifverhandlungen sein soll, kann ernsthaft niemand glauben.“ Die EVG fordert eine Lohnerhöhung von sechs Prozent, aber jedoch mindestens 150 Euro im Monat – um vor allem bei den unteren Lohngruppen eine spürbare Verbesserung der Einkommenssituation zu erzielen. Die Bahn bietet fünf Prozent Lohnsteigerung, jedoch verteilt auf die kommenden zwei Jahre: 2,1 Prozent zum 1. Januar 2015, 1,5 Prozent zum 1. Juli 2015 und nochmal 1,4 Prozent zum 1. Juli 2016. Ein, gerade auch gemessen an den bisherigen Lohnabschlüssen in diesem Jahr, sehr geringeres Angebot, bei dem sehr wahrscheinlich noch erheblich nachgebessert werden muss, um auf eine Einigung zu kommen. Zumal die bisherigen Tarifverträge bereits am 1. Juli 2014 ausgelaufen sind. Dafür bietet die DB AG 65 Euro pro Monat durchschnittliche Einmalzahlung an – was der EVG deutlich zu gering ist.

Eine überdurchschnittliche Lohnerhöhung für die unteren Einkommensgruppen sei, so Rusch-Ziemba, für die EVG nicht verhandelbar. Doch das eigentliche Problem ist die Frage der Zuständigkeiten. Während die EVG einen Tarifvertrag für alle Berufsgruppen im Konzern anstrebt, möchte die GDL einen Tarifvertrag entweder nur für ihre Mitglieder oder für das gesamte Fahrpersonal. Dabei wird der GDL oft vorgeworfen, sie vertrete ausschließlich Partiku-larinteressen. Dazu schreibt der Bundesvorsitzende Claus Weselsky in der aktuellen Mitgliederzeitschrift: „Gegeneinander ausspielen ist das tägliche Gebaren eines Bahnmanagements, das konsequent gegen die eigenen Beschäftigten arbeitet. Wie zur Selbstbestätigung der unzähligen Häuptlinge werden immer neue Rationalisierungsvorschläge gemacht und die Eisenbahn wird täglich neu erfunden. Das trifft das Zugpersonal am härtesten, denn wir leben im operativen Geschäft oftmals nur noch von der Hand in den Mund.“ Die GDL fordert fünf Prozent mehr Lohn, aber parallel dazu auch eine geringere Arbeitszeit – was angesichts der angespannten Personalsituation im DB-Konzern oftmals jedoch kritisiert wird.

Aktuell gibt es aber unabhängig von den konkreten Lohnverhandlungen noch keine Einigung über die Zuständigkeiten der Gewerkschaften. Es wurde zwischen 3G- und 4G-Verfahren unterschieden, je nachdem, ob die Tarifverhandlungen gemeinsam, einzeln oder parallel geführt werden. Dabei hatten sich DB AG und GDL zuletzt auf einen Verfahrenskompromiss geeinigt, dem aber die EVG nicht zugestimmt hat. Hier sieht die GDL eine gemeinsame Strategie von DB AG und EVG. Claus Weselsky: „Es ist nicht nur der Eindruck, sondern nun herrscht Gewissheit, dass die DB den Staffelstab an ihre Hausgewerkschaft übergeben hat.“ Demnach sei die EVG gesteuert von der DB AG, die ihrerseits nun Tarifverhandlungen verhindere, dies jedoch im Auftrag des Bahnvorstandes tue. Die GDL bot demnach eine Selbstbeschränkung auf die EVU der DB AG an.

Bei der GDL heißt es: „In der Eisenbahninfrastruktur sind nach herrschender Rechtslage nicht nur die Beschäftigten des Netzes tätig (Fahrdienstleiter, Instandhaltung), sondern auch die Beschäftigten der Bahnstromversorgung, des Vertriebs, der Werkstätten und jene von Station und Service. Die GDL bietet der EVG also eine dauerhafte und verlässliche Beschränkung ihrer gewerkschafts- und tarifpolitischen Tätigkeit ohne Gegenleistung an.“ Allerdings hat sich die GDL ja ohnehin auf das Fahrpersonal spezialisiert und die Angestellten in den Infrastruktursektoren haben allesamt ortsfeste Arbeitsplätze. Ob, für den Fall, dass die Gespräche Mitte Dezember ebenfalls platzen, in der Weihnachtszeit Streiks drohen, bleibt abzuwarten. Allen praktischen Erfahrungen der letzten Jahre zufolge haben die Gewerkschaften aber während des Feiertagsverkehrs meistens davon abgesehen – was auch stets die Zuschläge gesichert hat.

Siehe auch: EVG und GDL: Nicht mehr vermittelbar

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