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Nach dem GDL-Streik folgen die Lehren

13.11.14 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Wuppertal hat nicht nur die weltbekannte Schwebebahn, sondern ist auch Systemhalt im Regional- und Fernverkehr der Deutschen Bahn. Halt! Im Eisenbahnwesen, nicht (nur) der Deutschen Bahn. Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass es dort ab Ende nächsten Jahres mit DB Regio, Abellio, Eurobahn, National Express und Regiobahn insgesamt fünf SPNV-Betreiber gibt. Das ist der Grund, wieso diese Stadt nicht ansatzweise so stark von den (berechtigten oder unberechtigten) Streiks der GDL betroffen ist.

Ja, die Deutsche Bahn kann bestreikt werden, aber für die Stadt Wuppertal bedeutet das eben gerade nicht, dass der gesamte Eisenbahnverkehr lahmgelegt wird, weil vier weitere Betreiber da sind, die normal fahren. Viele Streiks in der freien Wirtschaft nimmt der Verbraucher auch deshalb nur als Randnotiz zur Kenntnis, weil es ausreichend Alternativen gibt. Wenn bei Saturn-Hansa gestreikt wird, kaufe ich mir meine Waschmaschine eben im Pro-Markt und wenn bei Real gestreikt wird, gehe ich zu Kaufland. Im Eisenbahnwesen ist es nicht ganz so einfach, aber immerhin auch möglich. Wenn der RE 4 zwischen Schwelm und Wuppertal-Vohwinkel bestreikt wird, fahre ich eben mit dem RE 7 bei National Express mit. Mit der S 8 kommt man nicht von Oberbarmen zum Hauptbahnhof, wohl aber mit Abellio oder der parallel laufenden Schwebebebahn.

Es mag dann schonmal zu Verzögerungen kommen, aber niemand steht völlig hilflos am Bahnsteig und weiß nicht, wie er zur Arbeit kommen soll. Irgendwie geht es dann halt doch weiter und diese Situation entschärft die negativen Auswirkungen auch längerfristiger Tarifauseinandersetzungen. In Berlin gab es eine ähnliche Situation. Während die komplett von der Deutschen Bahn betriebene S-Bahn nahezu vollständigem Stillstand unterworfen war, ging es im Regionalverkehr besser zu. Die ODEG drehte fröhlich ihre Runden und stelle zumindest ein rudimentäres Angebot sicher. Das Unternehmen unterlag der Friedenspflicht, sodass die GDL hier nicht gestreikt hat. Die ODEG hat den Auftrag seinerzeit bekommen, weil es bei der Ausschreibung Stadtbahn Berlin eine Losbeschränkung gab. Diese war zwar höchst umstritten, weil DB Regio in jedem Fall Leistungen abgeben musste, aber jetzt hat es sich ausgezahlt.

Natürlich sorgt das im Zweifel dafür, dass bei der einen oder anderen Ausschreibung nicht immer das beste Gebot den Zuschlag kriegt, aber es stellt nicht nur bei Streiks eine Grundversorgung sicher, sondern man kann aktiv gewährleisten, dass Bewegung ins Marktgeschehen kommt und verschiedene Akteure vorhanden sind. Der Wunsch nach „politischen Lösungen“ ist doch auch sonst immer groß, wieso nicht auch in einem solchen Fall? Wenn es eine Lehre aus dem GDL-Streik gibt, dann dass das Thema Losbeschränkung bei künftigen Vergaben auf die Agenda muss. Das gilt übrigens nicht nur für Streiks. Auch bei Schlechtleistungen und erkennbaren Problemen eines Betreibers ist es möglich, dass andere Betreiber den Verkehr sicherstellen. Marktwirtschaftliche Strukturen im Eisenbahnwesen definieren sich genau darüber: Es muss mehr als nur einen (Ex)-Monopolisten geben.

Siehe auch: GDL-Streik beendet – und nun Loslimitierung?

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