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GDL und DB AG: Einigung kurzfristig geplatzt

06.11.14 (Allgemein) Autor:Stefan Hennigfeld

Es gab zuletzt zwei Wochen Streikpause, die die GDL ausgerufen hat. Grund genug für Spekulationen, ob nicht vielleicht doch informelle Gespräche stattfinden, die den Konflikt zu einer Einigung bringen könnten. Und siehe da: Es ist der Fall gewesen. Am Sonntagabend waren sich beide Parteien größtenteils einig, doch dann platzte die Nummer in letzter Sekunde. Wie zu erwarten war, schieben sich beide Parteien gegenseitig die Schuld dazu in die Schuhe. Ein Vertragsentwurf des DB-Vorstandes wurde von der GDL abgelehnt. GDL-Chef Claus Weselsky: „Mit diesem Tarifdiktat hat die DB erstmals eindeutig ihr rechtswidriges Verständnis des Grundgesetzes Artikel 9 Absatz 3 schriftlich niedergelegt. In den §§ 6 und 7 des beiliegenden Entwurfs diktierte sie der GDL trotz mehrfacher Ablehnung in den Hintergrundgesprächen sowohl die Nichtzuständigkeit für einen Teil ihrer Mitglieder als auch den Verzicht auf das Streikrecht. Aus dem Tariftext geht unmissverständlich hervor, dass die GDL freiwillig und ohne jegliche Begründung ihre eigenen Grundrechte und die Grundrechte ihrer Mitglieder mit Füßen treten sollte.“

DB-Personalvorstand Ulrich Weber lehnte am Sonntagabend das Angebot der GDL ab, den Tarifvertragsentwurf vor dem Hauptvorstand und der Tarifkommission zu erläutern. Dies habe, so die GDL, damit zu tun, dass keinerlei Änderungen im Vergleich zum bisherigen Entwurf enthalten waren. Weselsky: „Der Tarifeinheitswahn der DB geht soweit, dass sie siegessicher das Grundrecht auf Koalitionsfreiheit all ihrer Mitarbeiter in Frage stellt und dies von den beteiligten Gewerkschaften als Grundvoraussetzung für die Tarifverhandlungen 2014 per Unterschrift fordert.“ Dabei werde der GDL-Verhandlungsdelegation in den Hintergrundgesprächen permanent suggeriert, dass die, so wörtlich, „Hausgewerkschaft EVG“ dazu bereit sei. Bei der Deutschen Bahn klingt das anders. Man verwies auf drei Treffen innerhalb der zweiwöchigen Streikpause. Ziel sei es gewesen, einen „tragfähigen Vorschlag zur Beilegung der Tarifauseinandersetzung zu erarbeiten.“

Es gab insgesamt mehr als zehn Stunden Gespräche. Dadurch sollte, so der DB-Vorstand, die GDL einen eigenständigen Tarifvertrag für Zugbegleiter erhalten. Gleichzeitig sollte die Regelung die Kollision von zwei unterschiedlichen Tarifverträgen für eine Berufsgruppe vermeiden. Darüber bestand in den Gesprächen Einvernehmen. Auf Wunsch der GDL-Spitze wurde ihr Vorschlag aufgenommen, künftig wie im öffentlichen Dienst parallele Verhandlungen von EVG und GDL mit der DB zur selben Zeit am selben Ort zu führen. Dem widerspricht man bei der GDL. Weselsky: „Wer seinen Mitgliedern weismachen will, dass allein die Teilnahme an Verhandlungen das erstrebenswerte Ziel ist und nicht die Tarifierung von Inhalten, der wird seiner Verantwortung nicht gerecht.“ Zur Einlassung des DB-Vorstandes heißt es bei der GDL: „Die GDL dürfte nach diesem Tarifdiktat mit der DB zwar theoretisch über die Forderungen für das Zugbegleitpersonal verhandeln, aber die Entscheidung, welche Inhalte tatsächlich tarifiert werden und welche Tarifstruktur maßgebend ist, soll allein eine Gewerkschaft treffen, der die GDL-Mitglieder nicht angehören wollen.“ Damit ist die konkurrierende EVG gemeint.

DB-Personalvorstand Ulrich Weber übte schwere Kritik und hält die aktuelle Situation für unzumutbar: „Eine gute Zukunftslösung ist erneut an reinen Machtfragen gescheitert. So verhält sich kein verlässlicher Verhandlungspartner.“ Vor diesem Hintergrund stehen alle Zeichen auf Eskalation. Inzwischen läuft ein neuerlicher, mehrtägiger Streik, der am Mittwoch um 15 Uhr im Güterverkehr begann. Am heutigen Donnerstag stieß um 2 Uhr der Personenverkehr hinzu, die Streiks enden gemeinsam am Montag morgen um 4 Uhr – sodass für den Rest der Woche mit erheblichen Einschränkungen zu rechnen ist. Nach einem Schlichtungsverfahren, wie es zuletzt sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gefordert hatte, sieht es im Moment nicht aus, im Gegenteil. Es wurde bereits indirekt angekündigt, dass der aktuelle Streik nicht der letzte ist. Für den Fall, dass die Deutsche Bahn die Forderungen der GDL nicht erfüllt, drohen bereits in der kommenden Woche weitere und auch längere Ausstände. Die GDL hatte aber vor einigen Wochen versichert, dass man die Mitglieder nicht zu einem unbefristeten Streik aufrufen wird. Ob es in den kommenden Wochen zu einem Schlichtungsverfahren kommt, bleibt abzuwarten, momentan stehen die Zeichen auf Sturm.

Siehe auch: Schlichtung!

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