Die erwartete Überraschung
20.11.14 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Nachdem sich die Länder darauf geeinigt haben, dass der Bund die Regionalisierungsgelder signifikant erhöhen möchte und bereits anfingen, das Fell des Bären zu verteilen, hätte jedem klar sein müssen, dass selbiger noch längst nicht erlegt ist. Es war zu erwarten, dass der Bund nicht einfach so zustimmen würde – so wie die Länder ja auch unisono offensichtlich vergessen haben, dass sie bereits seit 2007 nicht zweckgebundene Kompensationsleistungen kriegen, als Ausgleich für die vermeintlich gesunkenen Regionalisierungsgelder. Mit Ausnahme von Berlin landet dieses Geld nirgendwo vollständig wieder im SPNV. Ein Zustand der belegt, dass der Bund es nicht anders macht als die Länder selbst, nämlich den SPNV als Finanzsteinbruch zu betrachten, um möglichst schnell auf einen ausgeglichenen Haushalt zu kommen.
Damit fallen natürlich auch die Planungen zusammen, die zwar Umverteilungen vorgesehen haben, aber diese waren so gestaltet, dass nur die Zusatzfinanzierungen überhaupt disponibel waren. Es wird also z.B. für Bayern, Baden-Württemberg oder insbesondere auch Nordrhein-Westfalen keine zusätzlichen Finanzmittel geben. Das ist das eigentliche Problem: Wenn der Bund schon nicht bereit ist, für eine angemessene Finanzausstattung zu sorgen, muss man sich jetzt darüber klar werden, dass die Länder untereinander zu keiner Einigung finden werden. Das muss der Bund jetzt einfach tun. Sei es nach dem König-steiner Schlüssel oder sei es nach einer eigenen Matrix, die von Gutachtern für den SPNV erstellt werden muss.
Solange der Jahresfahrplan von 1993 (als die alte Behördenbahn endgültig abgewirtschaftet hatte) noch immer der Verteilerschlüssel für die Regionalisierungsgelder ist, gibt es ein Problem, das der Bund lösen muss. Dazu gehört aber auch, dass dieser sich mit seiner DB Netz AG bezüglich der Trassenpreise auseinandersetzen muss. Bei aller kontroverser Debatte um die Reinvestition von Netzgewinnen oder Abschöpfungen zugunsten des Gesamtkonzerns, solange die Trassenpreise jedes Jahr exorbitant zugunsten des Bundesunternehmens DB Netz steigen, muss der Bund dafür sorgen, dass die zur Verfügung stehenden Bestellmittel nicht nur nominell, sondern auch real konstant bleiben. Für 2015 sogar ganz auf eine weitere Dynamisierung zu verzichten zeigt, wie gering der Stellenwert der Schiene ist.
Dabei sind die Regionalisierungsgelder, also feste Vereinbarungen zur Finanzierung konsumtiver Kosten, der wichtigste Erfolg der Eisenbahnreform. Der SPNV hat bereits mehrfach seinen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung in Bund und Ländern geleistet. 2007 wurde der Etat gesenkt, die Länder nutzen die Ersatzleistungen nicht für die Schiene, dazu kommen hohe Trassenpreise zugunsten der Bahndividende (die in diesem Zusammenhang durchaus als faktische einseitige Senkung gesehen werden kann) oder durch Finanzierungen anderer ÖPNV-affiner Dinge, die aber gerade nicht dem Eisenbahnverkehr zugute kommen. Dem steigenden Verkehrsaufkommen muss man mit mehr Verkehrsleistungen und nicht mit weniger auf der Schiene gerecht werden – trotz berechtigter Sparansprüche.