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Bund plant für 2015 konstante Regionalisierungsgelder

20.11.14 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Letzte Woche hat sich der Haushaltsausschuss im Deutschen Bundestag auf den Bundeshaushalt für 2015 geeinigt. Er kommt erstmals seit fast fünfzig Jahren ohne neue Schulden aus. Doch der Preis für den ausgeglichenen Haushalt ist hoch, auch die Eisenbahn wird zur Kasse gebeten. Im Vergleich zu 2014 werden die Regionalisierungsgelder zunächst konstant bleiben. Bei den steigenden Trassenpreisen sorgt das dafür, dass das Budget für die Aufgabenträger im Jahr 2015 stärker real absinken wird als das in den letzten Jahren der Fall war. Auch dort sind die Infrastrukturentgelte zugunsten des Bundesunternehmens DB Netz stärker gestiegen als die Regionalisierungsgelder.

Nun also dramatisiert sich die Lage weiter: Probleme, die sich (zumindest auf Dauer) nicht durch Ausschreibungsersparnisse oder höhere Markteinnahmen refinanzieren lassen. Unabhängig von besonders starken Fahrpreiserhöhungen wird es schwer, die Kostensteigerungen aufzufangen: Insbesondere auch weil mit der EEG-Novelle weitere Kosten auf den Verkehrsträger Schiene zukommen. Schwere Kritik übt die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) an den Plänen der Bundesregierung. Alexander Kirchner, Bundesvorsitzender: „Damit macht die große Koalition einmal mehr deutlich, dass sie die wichtige Rolle des Verkehrsträgers Schiene sträflich ignoriert und lieber den Individual- und LKW-Verkehr fördert.“

Kirchner erinnerte daran, dass alle Experten mehr Geld für den Verkehrsträger Schiene fordern würden. „Alle Gutachten – sowohl die von den Bundesländern wie auch das von der Bundesregierung in Auftrag gegebene – kommen zu dem Ergebnis, dass eine ausreichende Versorgung durch Schienennahverkehr, in den Ballungsräumen wie auch in den ländlichen Regionen, nur mit einem deutlichen Anstieg der Mittel sichergestellt werden kann.“ Vor diesem Hintergrund sei die jetzt getroffene Entscheidung mehr als kontraproduktiv und gehöre revidiert. „Wir brauchen dringend eine Zäsur und eine völlige Neuausrichtung der Verkehrspolitik“, machte Kirchner deutlich. Die von ihm so empfundene „permanente Benachteiligung“ des Verkehrsträger Schiene müsse endlich ein Ende haben und der Beschluss zum Wegfall der Dynamisierung der Regionalisierungsmittel aufgehoben werden.

Hintergrund ist, dass das aktuelle Gesetz ausläuft, das zwischen 2008 und 2014 regelmäßige Dynamisierungen vorsah. Eine neue Vereinbarung zwischen Bund und Ländern fehlt. Nur die Länder unter sich haben sich geeinigt und zwar darauf, dass der Bund sowohl die Gesamtsumme als auch die Dynamisierung erhöht – auf eigene Kosten versteht sich. Erwartungsgemäß waren die Vertreter des Bundesfinanzministeriums damit nicht einverstanden. So bleibt also abzuwarten, was in den Jahren 2016 und danach für eine Finanzierungsgrundlage vorhanden sein wird, um die konsumtiven Kosten des Regionalverkehrs im Eisenbahnwesen bezahlen zu können.

Jürgen Lenders, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im hessischen Landtag, erläutert das Problem: „Das Einfrieren der Zuschüsse für den Nahverkehr hat gravierende Folgen für alle Fahrgäste. Dem zuständigen grünen Minister für Wirtschaft und Verkehr ist es offensichtlich nicht gelungen, die Dynamisierung der Regionalisierungsmittel in Berlin durchzusetzen. Ab 2016 droht daher eine deutliche Ausdünnung bei den Nahverkehrszügen und den S-Bahnen im Rhein-Main-Gebiet und ganz Hessen.“ Er warf der schwarz-grünen Landesregierung vor, sich nicht ausreichend für hessische Belange eingesetzt zu haben, mit der Folge, dass nun Verschlechterungen im SPNV drohen – solche sind etwa in der Metropolregion Rhein-Main angesichts des enormen Verkehrsaufkommens kaum machbar.

Auch Nordrhein-Westfalens Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) hält die Situation für inakzeptabel. In der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung warnte er davor, dass sich „Schäubles schwarze Null“ in ein „schwarzes Loch“ zu verwandeln drohe. Nordrhein-Westfalen ist mit 515 Einwohnern pro Quadratkilometer das am dichtesten besiedelte Flächenland Europas. Seit 1945 haben in Deutschland 2,6 Millionen Menschen in Städten mit mehr als 15.000 Einwohnern ihren SPNV-Anschluss verloren, davon leben allein 1,6 Millionen in Nordrhein-Westfalen. Doch an Rhein und Ruhr droht in der Zukunft das Gegenteil des Notwendigen – und alle Erfahrungen zeigen, dass die rot-grüne Landesregierung trotz ihrer wenig sparfreudigen Haushaltspolitik nicht bereit seit wird, sich finanziell für den SPNV an Rhein und Ruhr einzusetzen.

Siehe auch: Die erwartete Überraschung

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