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Ausschreibungen in BaWü: Aktueller Stand

27.11.14 (Baden-Württemberg) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Ausschreibungen innerhalb Baden-Württembergs kommen, so die grün-rote Landesregierung, voran. Insgesamt werden rund 14,9 Millionen Zugkilometer im Stuttgarter Netz vergeben, wovon 300.000 Zugkilometer auf dem Gebiet des benachbarten Freistaates Bayern zu erbringen sein werden. Die Vergabe wird aufgeteilt in drei Lose, wobei es eine Loslimitierung gibt. Ein Bieter kann maximal zwei Lose für sich entscheiden, sodass es mindestens zwei Betreiber geben wird. Damit soll das Marktinteresse erhöht werden.

Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne): „Zahlreiche Unternehmen haben sich beworben und wurden für Angebote zugelassen. Nun startet die zweite Phase des Vergabeverfahrens. Die Unterlagen für die Angebotsabgabe wurden in der vergangenen Woche verschickt. Das Interesse an der Vergabe des durch Stuttgart laufenden SPNV-Netzes zwischen Karlsruhe, Mannheim, Würzburg, Crailsheim, Neu-Ulm und Tübingen ist unter anderem wegen des Fahrzeugfinanzierungsmodells des Landes groß.“ Es kommt das gleiche Investitionsangebot zum Einsatz, das es bereits seit einigen Jahren im VRR in Nordrhein-Westfalen gibt und nach dem Prinzip Sales-and-Lease-Back arbeitet: Der Betreiber beschafft die Züge auf eigene Verantwortung und ist auch Auftraggeber des jeweiligen Herstellers. Er schreibt die Züge selbst aus – nach den Vorgaben des Aufgabenträgers. Nach der Lieferung und Zulassung werden die Fahrzeuge unverzüglich an den Aufgabenträger verkauft, der sie dann an den Betreiber vermietet. Somit kommt die hohe Kreditwürdigkeit der öffentlichen Hand allen Akteuren gleichermaßen zugute.

Die Inanspruchnahme des Modells ist optional, nach allen praktischen Erfahrungen ist jedoch davon auszugehen, dass mit Ausnahme von DB Regio sämtliche Bieter davon Gebrauch machen werden. Die Aufnahme der Verkehrsleistungen in den einzelnen Losen durch die erfolgreichen Bieter soll gestuft zwischen Dezember 2018 und Dezember 2019 erfolgen. Für den Zeitraum vom Auslaufen des großen Verkehrsvertrages im September 2016 bis zur Verkehrsaufnahme im Stuttgarter Netz wird es eine Vergabe für den Übergangszeitraum geben. Die genannten Übergangsleistungen werden ebenfalls ausgeschrieben, um durch den Wettbewerb in diesem Zeitraum möglichst erste qualitative Verbesserungen gegenüber dem heutigen Angebot zu erreichen.

Die Landesregierung sieht sich also im Plan, die Opposition widerspricht dieser Darstellung aufs allerschärfste. Nicole Razavi, verkehrspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion im Landtag: „Die scheinbar gute Nachricht des Ministers, ist Augenwischerei. In Wirklichkeit kommen die Ausschreibungen im SPNV und insbesondere bei den Stuttgarter Netzen um Jahre zu spät! Dies wird sich negativ auf den Wettbewerb und damit auf den Preis auswirken, den das Land zu zahlen haben wird. Deshalb ist völlig unklar, ob die vollmundigen Ankündigungen des Ministers überhaupt finanzierbar sein werden.“ Nach Oppositionsangaben waren die Ausschreibungen bereits von der schwarz-gelben Vorgängerregierung geplant worden, die neue Landesregierung hat die Planungen jedoch verworfen. Die neuen Planungen seien im Zeitplan. Minister Hermann erklärte, nach dem bisherigen Zeitplan solle der Zuschlag für die erfolgreichen Bieter bis spätestens August kommenden Jahres erteilt werden.

Parallel würden der Darlehenswettbewerb für das Baden-Württemberg-Modell zur Fahrzeugfinanzierung ausgeschrieben sowie Gespräche über einen Förderkredit mit der Europäischen Investitionsbank geführt. Die Leistungen sind mit elektrischen Neufahrzeugen zu erbringen. Die Investitionssumme hierfür beträgt voraussichtlich rund eine halbe Milliarde Euro. Vorgegeben wird kein bestimmter Fahrzeugtyp (z.B. Doppelstocktriebzüge), sondern vorzuhaltende Sitzplatzkapazitäten. Die Fahrzeuge sind jedoch zwingend außen und innen im neuen einheitlichen Landesdesign zu gestalten. Auch hier kommen wieder praktische Erfahrungen zur Anwendung, wonach Doppeldeckerwaggons in aller Regel nur dann marktfähig sind, wenn sie vom Aufgabenträger explizit gefordert werden – das kann jedoch auch dann der Fall sein, wenn aufgrund des hohen Sitzplatzvolumens einstöckige Fahrzeuge keine ausreichenden Kapazitäten bieten, um an den geplanten Bahnsteigen halten zu können. Die Verträge werden zehn bis 15 Jahre laufen, dazu gibt es die Möglichkeit, je nach aktueller Finanzausstattung bis zu fünf Prozent ab- und bis zu 15 Prozent nachzubestellen.

Siehe auch: Die falsche Wahrnehmung

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