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Neues Stilllegungsrecht wird debattiert

13.10.14 (Schleswig-Holstein, Stuttgart, Verkehrspolitik) Autor:Niklas Luerßen

Nach Informationen des Südwestdeutschen Rundfunks, der Stuttgarter Zeitung und aus für gewöhnlich gut informierten Kreisen plant die Bundesregierung eine Gesetzesänderung des Paragraphen 11 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG), wodurch die Stilllegung von Bahnhöfen und Strecken erheblich erleichtert werden würde. Das AEG schreibt an dieser Stelle zum Schutz der Infrastruktur vor, dass Bahnhöfe und Strecken nur stillgelegt werden dürfen, wenn sich niemand mehr für deren Weiterbetrieb finden sollte.

Beabsichtigte Stilllegungen müssen deshalb mindestens drei durchgehende Monate lang mit gleichzeitigem Verkaufsangebot im Bundesanzeiger sowie im Internet veröffentlicht werden. Ferner muss das Eisenbahnbundesamt (EBA) die Stilllegung genehmigen. Diese Vorschriften sollen nun deutlich entschärft werden. Stattdessen soll ein Angebot an Dritte künftig „entbehrlich“ sein, wenn die zum Verkaufsobjekt gehörenden Anlagen nicht gesondert betrieben werden oder „Kapazitätsreduzierungen in geeigneter Weise kompensiert werden“ können. Ferner entfällt die Prüfungspflicht des EBA und der Infrastrukturbetreiber müsste die Stilllegungsabsicht dem EBA nur noch anzeigen. Laut einer Sprecherin aus dem Verkehrsministerium werden diese geplanten Änderungen derzeit auf Fachebene geprüft. Diese Vorschläge stünden auch nicht im Zusammenhang mit dem Projekt Stuttgart 21, wo derzeit ein privates EIU gegen eine etwaige Stilllegung der oberirdischen Anlagen klagt und darauf pocht, dass DB Netz diese zuvor zum Verkauf anbieten müsse.

Dem widerspricht allerdings Seite 11 des Gesetzentwurfes. Demzufolge bezieht sich eine Erläuterung zu den Änderungen im Absatz 1 Satz 5 (Kapazitätsverringerung) des §11 AEG sogar explizit auf den Ersatz eines Kopf- durch einen Durchgangsbahnhof – wie bei Stuttgart 21. Bundesweit ist kein anderes Projekt bekannt, auf das diese Erläuterung derzeit zutreffen könnte. Aber auch für die Bahnen deutschlandweit hätte dies erhebliche Auswirkungen. So gibt es derzeit im sogenannten Bäderbahnstreit in Schleswig-Holstein die Absicht, zwischen Land und Bahn, die alte Trasse zwischen Lübeck und Neustadt(Holst) stillzulegen, sobald die Neubaustrecke von Bad Schwartau nach Puttgarden zum dann existierenden Fehmarnbelttunnel nach Dänemark fertiggestellt sei. Derzeit wäre ein solches Vorhaben unsicher gewesen.

Mit der geplanten Gesetzesänderung wäre dieses Problem gelöst, weil DB Netz auf eine „Kompensation in geeigneter Weise“ verweisen und das Verfahren umgehen könnte – den möglichen Verkehr auf der Neubaustrecke samt einiger Ersatzstationen, die hier allerdings wenig taugen, da diese teilweise einige Kilometer von den eigentlichen Orten entfernt sind im Gegensatz zur Bestandstrasse. Auch anderweitige kleinere Erfolgsprojekte wie die Wiehltal-, Ilztal- und Westeifelbahn, dessen Weiterbetrieb erst vor verschiedenen Gerichten erzwungen werden musste, wären so nicht mehr möglich gewesen.

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