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GDL und Verdi: Der Streik und die unterschiedlichen Reaktionen

30.10.14 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Es wird nicht nur gestreikt, es wird auch diskutiert. Darf das denn sein? Diese ständigen Streiks bei den Triebfahrzeugführern? Findet hier ein illegitimer Machtmissbrauch statt? Nun, um das zu beurteilen, muss man einen Kontext herstellen und es in Relation zu dem setzen, was in Deutschland sonst noch so passiert. Gerade auch was Streiks betrifft. Frühjahr 2014, das ist jetzt noch nicht so lange her. Damals hat Verdi gestreikt und zwar im gesamten öffentlichen Dienst. Es ging von den Krankenhäusern über die Altersheime, die Kindergärten und ja, auch der ÖPNV wurde lahmgelegt. Nicht die Eisenbahn, aber der kommunale Bereich. Und wie.

Obwohl es sich lediglich um einen „Warn“streik gehandelt hat, wurde einmal 24 und einmal 48 Stunden die Arbeit niedergelegt. Wenn das die GDL macht, ist Deutschland im Ausnahmezustand, aber bei Verdi scheint es normal zu sein. Dabei war das nur die Vorspeise zu einem längeren Streik, der dann vermutlich unbefristet gewesen wäre, also genau das, was die GDL auch für die Zukunft bereits jetzt definitiv ausschließt, egal wie sehr die Situation mit der Deutschen Bahn noch eskalieren sollte. Nun wirft man der DB AG vor, die Notfahrpläne vorsätzlich zu verschärfen. Das kann man kontrovers sehen. Wenn man dann aber sieht, dass die Bogestra im Ruhrgebiet die Leistungen der Subunternehmen einfach abbestellt, damit der Nutzer sich besser drauf einstellen kann (Nullverkehr ist eben leichter zu merken), dann muss man sich schon fragen, ob hier nicht auch vorsätzlich die Streikauswirkungen verschärft werden, nur dass sich in diesem Fall kein Aufgabenträger für zuständig hält.

Ähnlich sieht es auch bei den Stadtwerken Bonn aus, wo die Betriebshöfe privater Subunternehmen widerrechtlich blockiert wurden. Aber anstatt sich mit einer einstweiligen Verfügung und polizeilicher Hilfe dagegen zur Wehr zu setzen, werden diese Blockaden geduldet. In wieder anderen Unternehmen wurde, wohl aus Sympathie, die Arbeit (trotz laufender Friedenspflicht) niedergelegt. Die Anfrage beim Aufgabenträger, in diesem Fall der Bundesstadt Bonn, ergab, dass man sich doch in solchen Sachen bitte an die Stadtwerke selbst wenden soll. Die Tatsache, dass der Aufgabenträger zu einem angemessenen Controlling des Betreibers verpflichtet ist, ist diesen Herrschaften nicht bekannt und es führt dazu, dass jeder tun und lassen kann was er will und passieren tut nichts.

Dabei lebt das Bestellerprinzip ja eigentlich davon, dass es einen Akteur gibt, der in solchen Fällen ökonomischen Druck ausübt, um Leistungsanreize zu setzen. Das ist dort aber erkennbar nicht der Fall. Und wenn man sich dann anguckt, wie meinungsfreudig die sogenannten „Fahrgastverbände“ jetzt gegen die GDL agitieren, dann muss man sich die Frage stellen, wo die waren, als Verdi den kommunalen ÖPNV plattgemacht hat? Wahrscheinlich alle mit dem Auto unterwegs. Was die Bundesarbeitsministerin gemacht hat, darüber kann man nur spekulieren. Es ist jedoch deutlich erkennbar, dass sowohl politisch als auch medial mit zweierlei Maß gemessen wird – und dass der Nutzer samt seiner Befindlichkeiten dabei genauso irrelevant ist wie ohne Streik.

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