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GDL bestreikt Deutsche Bahn weiter

08.09.14 (Allgemein) Autor:Max Yang

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat auch am vergangenen Samstag die Verkehrsunternehmen der Deutschen Bahn AG (DB) bestreikt. Lokführer und Zugbegleiter in der GDL legten am Morgen zwischen 6 und 9 Uhr die Arbeit nieder. Am Berliner Hauptbahnhof stand der Verkehr größtenteils still, Züge der DB fielen aus oder wurden mit teils mehr als zweistündiger Verspätung angezeigt. Die Auswirkungen auf den Verkehr zogen sich noch bis in die frühen Abendstunden hin. Züge nichtbundeseigener Eisenbahnen fuhren, wenn auch teils mit Verspätungen wegen blockierter Strecken. Die GDL fordert fünf Prozent mehr Entgelt und eine Reduktion der Arbeitszeit um zwei Stunden pro Woche.

Zur verbesserten Vereinbarung von Familie und Beruf sollen maximal fünf Schichten in 120 Stunden (fünf Tagen) verplant werden dürfen statt wie zur Zeit bis zu sieben Schichten innerhalb von 144 Stunden. Die maximale Fahrzeit auf dem Triebfahrzeug soll um eine Stunde gesenkt werden. Freie Wochenenden sollen mindestens von Freitag 22 bis Montag 6 Uhr dauern, der Dienstbeginn nach dem Urlaub nicht vor sechs Uhr erfolgen. Eine dem Gewinn des Konzerns entsprechende Mitarbeiterbeteiligung wird auch gefordert. Hinzu kommt, dass die GDL auch für auszubildende Lokomotivführer die Tarifverträge abschließen möchte. Nach Angaben der GDL bietet die Deutsche Bahn nur 350 Euro Einmalzahlung für sechs Monate und nur für Triebfahrzeugführer. Man sei seitens der DB auch nicht bereit über Arbeitszeit, Entgelt, Überstunden etc. mit der GDL zu verhandeln, sondern fordere eine Kooperationsvereinbarung, die einem „Tarifdiktat“ entspräche. Die DB kontert und bezeichnet die Warnstreiks in einer eigenen Pressemitteilung als „völlig irrational“. Ulrich Weber, Personalverstand der DB, erklärte seine Bereitschaft dazu, „über alles für unsere Lokführer zu verhandeln – über Löhne, über Arbeitsbedingungen und über neue Spielregeln für Tarifverhandlungen“.

Ohne nachvollziehbaren Grund habe die GDL ein erweitertes Angebot der DB mit einer Entgelterhöhung um 1,9 Prozent mit einer Laufzeit von einem Jahr abgelehnt. Weber interpretiert die Streiks vor dem Hintergrund, dass „eine Gewerkschaft das Spielfeld der anderen erobern“ wolle. Jedenfalls organisiert die GDL nach den Angaben auf ihrem an Fahrgäste ausgehändigten Streikflyer nur rund 19.000 der 37.000 Beschäftigten in den Eisenbahnverkehrsunternehmen der Deutsche-Bahn-Gruppe. 10.000 Beschäftigte sind hingegen nicht organisiert, der Rest ist vorwiegend Mitglied in der konkurrierenden Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). So werden die Forderungen der GDL auch nicht von allen im Unternehmen geteilt. Ein gewerkschaftlich unorganisierter Zugbegleiter, der in Berlin Hbf außerplanmäßig Pause machen musste, zweifelte an der Ernsthaftigkeit der Forderungen. Angesichts der Vielzahl aufgeschobener Überstunden, die das DB-Zugpersonal vor sich herschiebe, sei eine Arbeitszeitreduktion illusorisch. Das polnische Personal des WARS-Schlafwagens im Nachtzug „Jan Kiepura“ nahm es hingegen gelassen – Streik passiert nun mal, in Polen sei so etwas aber eher unüblich.

Unter den Reisenden war die Resonanz gemischt. Einzelne reagierten unwirsch und forderten die Entlassung der streikenden Mitarbeiter. Eine ältere Dame äußerte, dass sie im Gesundheitswesen arbeite und auch dort seit Jahren keine Gehaltserhöhung mehr mitbekommen habe. Andere zeigten aber mehr Verständnis. Eine britische Touristin war froh darüber, für die Umbuchung ihrer Sparpreisfahrkarte auf einen anderen Zug nichts bezahlen zu müssen. Für die Streikenden zeigte sie Verständnis, da das Streikrecht ja auch gesetzlich verankert sei. Doch habe sie beobachtet, dass das Verständnis für die Streikenden stark zurückgehen kann, wenn sich der Arbeitskampf intensiviert und sich die Ausstände häufen, wie es etwa bei der Londoner U-Bahn zum festen Ritual gehört (Zughalt berichtete). Über die gesetzlichen Fahrgastrechte waren die meisten Betroffenen zumindest rudimentär im Bilde. Ob Theaterbesuch in Prag, Ärztekongress in München oder Hochzeit in Weinheim – der Streik wehte viele Reisepläne durcheinander. Dennoch würden die wenigsten Befragten vom Bahnfahren in Zukunft Abstand nehmen, da es die beste Kombination aus Tempo und Flexibilität böte. Auf dem Vorplatz des Berliner Hauptbahnhofs zeigten eine kleine Gruppe von in GDL-Westen gekleideten Personen und GDL-Chef Claus Weselsky Präsenz und verteilten Flyer an Passanten.

Siehe auch: Glück im Unglück für den Kunden

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