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Der verhinderte Gebrauchtfahrzeugmarkt

22.09.14 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Dass der VDV sich gemeinsam mit der BAG SPNV auf einen konstruktiven Standpunkt stellt, ist zu begrüßen. Die Erkenntnis, dass es eben nicht unter allen Umständen das Beste ist, wenn der Betreiber auf eigenes Risiko seine Züge mitbringt, ist nun auch dort angekommen. Gut so, denn die letzten Jahre, vor allem die Zeit ab 2008, haben gezeigt, welche praktischen Probleme auftauchen. Auch die Zulassung von Gebrauchtfahrzeugen muss, zumindest perspektisch, mehr sein als ein strategischer Vorteil für DB Regio im laufenden Vergabeverfahren.

Was aber sowohl BAG SPNV als auch VDV nicht verraten (oder nicht bedenken), ist dass der Aufbau eines Gebrauchtfahrzeugmarktes im Jahr 1994 mit der Holzhammermethode verhindert worden ist. Damals hat man der neu gegründeten Deutschen Bahn das Rollmaterial der Deutschen Bundesbahn einfach geschenkt. Ordnungspolitisch richtiger wäre es gewesen, diese Vermögensbestände an private Leasinggesellschaften zu verkaufen (oder, für den Fall, dass es absolut keine gibt, selbst eine zu gründen und zu privatisieren). Damit wären die Vermögenswerte, die damals von der Gemeinschaft der Steuerzahler angeschafft worden sind, für alle Akteure im noch neuen Markt zugänglich gewesen. Das hat man aber nicht getan. Stattdessen wurden die Züge der Deutschen Bahn AG geschenkt, während die Kredite, die die Bundesbahn zur Anschaffung aufgenommen hat, vom Bundeseisenbahnvermögen bedient werden.

Das klingt jetzt abstrakt, deswegen ein anschauliches Beispiel. Sie, ja Sie, der geneigte Zughalt-Leser: Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Eigenheim und zwei Kinder. Jetzt schreiben Sie ins Testament, dass das eine Kind das Eigenheim und das andere Kind den dazugehörigen Kredit erbt. Oha! Genau, allerdings werden Sie große Probleme haben, einen Notar zu finden, der Ihnen ein solches Testament abnimmt. Falls doch, so können Sie sicher sein, dass jedes Gericht dieses Testament wegen seines sittenwidrigen Inhaltes für unwirksam erklärt. Aber im Eisenbahnwesen hat man das gemacht und dadurch nicht nur verhindert, dass ein funktionierender Gebrauchtfahrzeugmarkt in der Branche sofort vorhanden ist, sondern man hat auch die Chance versäumt, das Bundeseisenbahnvermögen, das den Bund jedes Jahr mehrere Milliarden Euro kostet, erheblich zu entschulden.

Vielleicht nochmal zur Erinnerung: Die Spätfolgen für die Misswirtschaft der Deutschen Bundesbahn schlagen noch immer mit erheblichen Summen zu Buche. Das kann man nicht dem Eisenbahnsektor von heute anlasten, aber die Kosten, die da entstehen fehlen bei Investitionen, Regionalisierungsgeldern oder in anderen Bereichen. Dabei können wir der Sache ruhig ins Auge sehen: Es gibt in Deutschland bereits einen funktionierenden Gebrauchtfahrzeugmarkt: Innerhalb des DB-Konzerns. Die DB AG musste noch nie Züge mit hohem Restwert lange auf den Abstellgleisen lassen. Das ist überhaupt noch nie passiert. Gute gebrauchte Züge haben bislang immer einen Abnehmer gefunden, eine „Fahrzeugblase“, wie gelegentlich kolportiert, existiert weder innerhalb noch außerhalb des DB-Konzerns.

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