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Der Kompromiss zwischen berechtigten Interessen

18.09.14 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Zuerst: Bereits die Frage nach Investitionshilfen wird in Deutschland kontrovers diskutiert. Eine Argumentationslinie, wie sie vor allem von der Deutschen Bahn vertreten wird, ist dass man mit der Eisenbahnreform Haushaltsrisiken für die öffentliche Hand minimieren wollte. Dazu gehöre auch der Ansatz, dass Investitionen in neues Rollmaterial nicht mehr von der öffentlichen Hand zu tätigen sind. Man kann da auch anderer Meinung sein. Zum einen finanziert sowieso der Aufgabenträger das Rollmaterial (ganz egal, ob direkt oder indirekt), zum anderen verstummt die Kritik der Deutschen Bahn sofort, wenn die vom Aufgabenträger finanzierten Züge nicht dem wirtschaftlichsten Bieter, sondern per Schenkung der DB AG selbst zur Verfügung gestellt werden. Dann heißt es „Fahrzeugförderung“ und der Effekte ist der gleiche.

Die Entwicklung auf den Finanzmärkten ab 2008 und die allgemeine politische Situation haben dafür gesorgt, dass Aufgabenträger immer öfter in der großen Problemsache Investitionsfinanzierung helfend eingreifen. Nun hat man also Betreiber, die ihr eigenes Produkt auf die Beine stellen wollen und Aufgabenträger, die die Züge beistellen, anschaffen, vermieten oder auch nur Wiedereinsatz- oder Wiederzulassungsgarantien in späteren Vergabeverfahren geben. Nehmen wir den klassischen Fahrzeugpool, weil sich das Spannungsfeld hier am besten zeigt: Auf der einen Seite ist, wie erwähnt, der Betreiber, der ein Zugriff auf sein Produkt haben will. So wie es bei Verkehrsunternehmen zu Schlechtleistungen kommen kann, so kann das auch bei Wartungsgesellschaften passieren.

Ist es für den Hersteller XY möglicherweise ökonomisch richtig, die Züge nicht richtig zu reparieren, weil die Kosten dafür höher sind als die Pönale? Was passiert, wenn es zu Werkstattproblemen kommt und der Betreiber mit schlechten Zügen fahren muss, aber keinen Einfluss auf das Problem hat? Hier müssen Lösungen gefunden werden. Das gilt aber auch andersrum. Der Aufgabenträger investiert zwei- oder sogar dreistellige Millionenbeträge, um Züge anzuschaffen, mit denen dann im Regionalverkehr gefahren wird. Selbstverständlich will dieser dann eine Kontrolle darüber ausführen, in welchem Zustand sich sein Eigentum befindet und im Zweifel sagen können „Freunde, so nicht!“

Dieses Spannungsverhältnis, so ehrlich muss man sein, tritt aber auch auf, wenn es Vertragsverhältnisse zwischen den Betreibern und privaten Leasingesellschaften gibt. Auch hier liegen berechtigte Interessen vor, die man im Sinne eines gemeinsamen Produktes unter einen Hut bringen muss. Aber fest steht auch, das zeigt SCI jetzt zum zweiten mal, dass das Thema Herstellerwartung nicht mehr verschwindet, sondern dauerhaft auf der Tagesordnung bleibt. Nun wird es immer auch Aufgabenträger geben, die von eigenen Wartungsverträgen absehen, aber die Entwicklung zeigt, dass der VRR hier mitnichten einen Sonderweg geht. Auch in Sachsen geht es dahin und in Niedersachsen hat man sich auch dafür entschieden. Wie man es also dreht und wendet, auch die DB AG wird sich an die neuen und geänderten Marktbedingungen zukünftig anpassen müssen.

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