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Praktische Auslastungssteuerung

14.08.14 (Kommentar, Schweiz) Autor:Stefan Hennigfeld

Die hohe Auslastung zu Spitzenzeiten ist sowohl eine der größten Stärken als auch eine der größten Schwächen des öffentlichen Verkehrs. Für wenige Stunden am Tag muss man gigantische Gefäßgrößen und entsprechende Infrastruktur vorhalten. Das Problem gibt es aber in ähnlicher Form auch beim Autoverkehr, denn auch hier sind Autobahnen, Stadtstraßen und vieles mehr ausgelegt für die Hauptlastzeit. Ja, die A 40 ist, zumindest im Volksmund, der längste Parkplatz Deutschlands, aber eben nur im Berufsverkehr. In der Woche morgens um elf, nachts um drei oder auch an Sonn- und Feiertagen hat man hier freie Fahrt.

Nun können die Betreiber öffentlicher Verkehrsmittel außerhalb der Hauptlastzeit ihr Angebot kürzen (und in der Praxis tun sie das ja auch), aber die notwendigen Anlageobjekte müssen dennoch dauerhaft „in der Landschaft“ stehen. Vor diesem Hintergrund ist eine stärkere Auslastungssteuerung sehr dringend nötig, denn dieser Trend zur Unwirtschaftlichkeit darf nicht weiter verstärkt, sondern muss umgekehrt werden. Die Erkenntnis, dass Verkehrsraum und -fläche knappe Güter sind, muss endlich ihren Weg in die Politik finden. Was im öffentlichen Verkehr schon teilweise umgesetzt wird (Neun-Uhr-Tickets, Sparpreise, Wochenend- und Abendfahrscheine), muss verstärkt werden. Der Weg, den die Schweiz geht, ist daher richtig: Bei aller Kostensteigerung ist es notwendig, dafür zu sorgen, dass zu Zeiten höherer Auslastung auch höhere Preise fällig werden.

Wenn der Rentner unbedingt morgens um sieben mit dem Zug fahren will, dann kann er das selbstverständlich tun, er muss aber damit leben, dass er aufgrund der dann höheren Nachfrage auch einen höheren Preis zahlen muss. Wenn er bis um elf Uhr wartet, wäre es billiger. Das ist natürlich immer nur eingeschränkt möglich, denn auch hier treffen verschiedene Faktoren aufeinander: Auf der einen Seite will man einen möglichst durchschaubaren Tarif um Zugangsbarrieren abzubauen die subjektiv vorhanden sind, aber auf der anderen Seite muss sich die im Tagesverlauf unterschiedliche Nachfrage auch im Preis abbilden. Hier gilt es eine möglichst gute Mischung zu finden. Wenn es in der Zukunft neue Systeme wie Check in und Check out gibt, ist das sicherlich einfacher, weil man im Vorfeld nicht mehr komplizierte Automaten bedienen muss.

Dann kann zwar immer noch jeder Verkehrsverbund seine eigenen tariflichen Ideen realisieren, aber der Einstieg ist genauso einfach wie beim Auto. Darum muss es doch am Ende des Tages gehen: Der öffentliche Verkehr muss dem Auto mit seiner ständigen Verfügbarkeit und extrem einfachen Nutzung (einsteigen und losfahren) etwas entgegensetzen. Dabei ist die Situation bei Autofahrern letztlich eine sehr ähnliche, auch hier braucht man statt einer Flatrate-Maut, Vig-netten oder sonst etwas die Auslastungssteuerung, um sicherzustellen, dass der Rentner nicht im Berufsverkehr die Straßen verstopft. Wenn er es dennoch tut, muss er deutlich mehr bezahlen als wenn er später fährt. Während Gleitzeitmodelle nur in Ausnahmefällen funktionieren wäre das die marktorientierte Maßnahme, die den Verkehr insgesamt entzerren könnte.

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