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Das Potential der Eisenbahn

11.08.14 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Im Grunde ist es ja nichts neues, was SCI Verkehr da in der vergangenen Woche veröffentlicht hat: Der Eisenbahn- und Schienenverkehr vor allem in den Metropolregionen wird besonders stark wachsen. Denn hier lassen sich die strukturellen Stärken der Eisenbahn als Massenverkehrsmittel für viele Menschen in einem begrenzten Raum ideal ausspielen. Das ist weltweit der Fall und wenn in den GUS-Staaten gegenläufige Entwicklungen stattfinden, dann ist das zu begründen durch regionale politische Prozesse, aber es zeigt weltweit, welches Potential die Eisenbahn hat, auch in Deutschland.

Aber dann gucken wir uns die Metropolregionen der Bundesrepublik doch mal an: Hamburg hat zwar den ältesten Verkehrsverbund Deutschlands, aber der Anteil öffentlicher Verkehrsmittel am Modal Split liegt bei nur 18 Prozent, das ist minimal über dem bundesweiten Durchschnitt. Für eine polyzentrische Stadt dieser Größe ist das eine verkehrspolitische Bankrotterklärung. Wo bleibt da das Engagement für die Schiene? Nicht nur das finanzielle, sondern auch das idelle Engagement: Kundenorientierte Arbeitsweits, mit qualitativ hochwertigen Angeboten in den Markt gehen und insgesamt ein Produkt auf die Beine stellen, das dem Auto und seiner ständigen Verfügbarkeit etwas entgegensetzen kann. Wie auch Hamburg hat die österreichische Hauptstadt Wien ebenfalls rund 1,7 Millionen Einwohner.

Aber, wer hätte das gemacht, da liegt der Anteil der öffentlichen Verkehrsmittel am Modal Split nicht bei 18 Prozent, sondern bei sage und schreibe 39 Prozent. Dort finden viel mehr Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmittel als mit dem Auto statt, wenn man in den Umweltverbund jetzt auch noch die Fußgänger oder Fahrradfahrer hinzuzählt, sieht es noch besser aus. Da muss man sich doch ernsthaft die Frage stellen, wieso das Potential in Deutschland nicht genutzt wird und warum öffentliche Verkehrsmittel noch immer allenfalls eine Randerscheinung sind, selbst dort, wo die Voraussetzungen dem Grunde nach ideal wären. Übrigens, Hamburg ist durchaus nicht der negative Ausreißer in Deutschland. München ist mit nur rund 1,4 Millionen Einwohnern etwas kleiner, hat aber einen nur etwas höheren Anteil des ÖPNV am Modal Split, nämlich 21 Prozent. Irgendwas stimmt doch da nicht.

Spitzenreiter in Deutschland ist Frankfurt am Main mit 39 Prozent ÖPNV und 43 Prozent Auto im Modal Split. Zwar gelingt es nirgendwo in Deutschland, anders als in Wien, dafür zu sorgen, dass Busse und Bahnen einen höheren Marktanteil haben als das Auto, nichtsdestotrotz sind öffentliche Verkehrsmittel in der Mainmetropole erkennbar für die dortige Bevölkerung eine ernsthafte Alternative zum Auto, was etwa in Hamburg oder Essen (20 Prozent) unbestreitbar nicht der Fall. Könnte das, nur vielleicht, an der liberalisierten Struktur des Frankfurter ÖPNV liegen? Vielleicht. In jedem Fall gibt es mit TraffiQ in Frankfurt eine Institution, die für das Controlling verantwortlich ist: Qualität und Leistung kommen nicht von allein, aber mit einem guten Angebot kommen auch neue Leute. Aber es muss jemanden geben, der für Ordnung sorgt.

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