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BVG: Subventionsdurst trifft Unvermögen

04.08.14 (Berlin, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Dass die Berliner Verkehrsbetriebe AöR jüngst in einem fragwürdigen und hochspekulativen Finanzmarktdeal über 200 Millionen Dollar verzockt haben, dürfte sich (trotz der vielfach „loyalen“ Berichterstattung der Fach- und Tagesmedien in dieser Sache) rumgesprochen haben. Da die Apologeten der öffentlichen Finanzen gerne ausrechnen, was die Steuerhinterziehung des früheren Fußballfunktionärs Uli Hoeneß für einen Schaden angerichtet hat: Die BVG AöR hat rund fünfeinhalb Uli Hoeneß ins Kasino an der Wall Street gebracht und dort an öffentlichen Steuergeldern verjubelt. Da müsste also bald einer für 19 Jahre und drei Monate ins Gefängnis, wenn es keinen Mengenrabatt gibt.

Wenn VDV-Präsident Jürgen Fenske auf seiner Jahrespressekonferenz sagt, dass das ein absoluter Ausnahmefall sei, dann hat er zweifelsfrei recht. Wenn er hinzufügt, dass das für die ÖV-Branche in der öffentlichen Kommunikation und der Forderung nach ausreichender Finanzierung kein Hindernis sei, dann spricht schon eher der Wunsch aus ihm. Natürlich schadet das dem Ansehen, wenn solche Klamotten passieren. Gleichzeitig sind die aktuellen Fahrscheinautomaten nicht mal in der Lage, die neuen Fünf-Euro-Scheine anzunehmen, bei denen es sich immerhin um reguläre gesetzliche Zahlungsmittel handelt. Aber irgendwas ist ja immer. Dann wird Geld investiert in neue U-Bahntriebzüge, aber eine Klimaanlage ist nicht vorgesehen „zu teuer“.

Da ist doch klar, wo das an der Wall Street verzockte Geld wieder eingespart wird, nämlich am Komfort für den Nutzer, wie zahlende Kunden in der ÖV-Branche genannt werden. Und deren Zufriedenheit ist, so der Branchenkonsensverband VDV, sowieso irrelevant. Wie viele zusätzliche Autofahrten stattfinden, weil eine überhitzte U-Bahn im Stil der 80er Jahren kein öffentliches Verkehrsmittel, sondern eine Zumutung ist, ist dabei eine ganz andere Frage. Es wird, kurz gesagt, nicht besser, sondern schlimmer. Nun kritisiert man die künftig höhere Belastung durch die EEG-Umlage. Das ist sicherlich ein Problem und auf Fahrstrom für Schienenfahrzeuge diese Umlage zu erheben läuft dem eigentlichen Zweck diametral entgegen. Doch gerade das müsste für ein Unternehmen, Pardon, eine Anstalt wie die BVG doppelter Anlass seien, nicht nur, wie in der ÖV-Branche üblich, nach mehr öffentlichem Geld zu schreien, sondern auch selbst was verbessern.

Wie wäre es zum Beispiel, wenn in den U-Bahnwerkstätten auch nachts gearbeitet wird? Wie es in allen deutschen Verkehrsunternehmen üblich ist? Ja, nachts stehen die Züge, da kann man in den Werkstätten besonders gut arbeiten – auch wenn der Betriebsrat meint, das sei der Belegschaft nicht zumutbar. Öffentliche Monopolunternehmen wissen doch auch sonst, wie man Tarifverträge durch die Gründung von Tochtergesellschaften oder die Auslagerung an Subunternehmen umgehen kann. Nur in dem Bereich, wenn es einzig und allein darum geht, das Angebot zu verbessern, ist man zu unflexibel, ja fast schon desinteressiert. Ja, das ÖV-Gesamtsystem in Berlin ist, gerade auch im Verhältnis zu anderen Regionen dieser Art, sehr gut. Man muss aber sagen, dass dies trotz und nicht wegen der BVG AöR der Fall ist. Hier treffen Unvermögen und Subventionsdurst in gefährlicher Weise aufeinander.

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