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Das Streikgespenst ist wieder da

03.07.14 (Allgemein, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Eisenbahn hat ein Imageproblem in Deutschland. Das ist unbestritten. Dass die Schiene in vielen Fällen besser ist als ihr Ruf, ist aber eigentlich auch Konsens, denn gerade seit der Eisenbahnreform hat man eine ganze Reihe an Verbesserungen durchgeführt. Nur so regelmäßig wie die üblichen Probleme mit den Jahreszeiten kommen (Schnee im Winter, defekte Klimaanlagen im Sommer und das Laub im Herbst), so sind auch die Streiks im Eisenbahnwesen ein festes Ritual, das irgendwie dazugehört.

Doch manchmal muss man sich fragen, ob hier wirklich die Interessen der Beschäftigten im Vordergrund stehen oder ob es persönliche Eitelkeiten sind. Die EVG will die Lokführer zurück unter ihre Fittiche bekommen, die GDL wiederum möchte für das gesamte „fahrende Volk“ verhandeln, also alle Eisenbahner, deren Arbeitsplatz nicht ortsfest, sondern in irgendeiner Weise im Zug ist. Zur Erinnerung: Während des großen Eisenbahnerstreiks in den Jahren 2007 und 2008 war das einer der Hauptstreitpunkte, wer denn überhaupt für wen sprechen darf. Nach einer Wiedereinführung der Tarifgemeinschaft, wie es sie zuvor gab, sieht es jedenfalls nicht aus, im Gegenteil. Man kann es jetzt lang und breit darüber diskutieren, was dahintersteckt, aber am Ende ist der Fahrgast (wie so oft) der Gelackmeierte. Das Problem ist, dass so manch einer während eines langen Streiks merken wird, dass die Fahrt mit dem Auto zur Arbeit ja auch ganz gut klappt. Immer mal wieder findet man während längerer Ausstände in der Tagespresse Berichte über Leute, die sich entscheiden, auch nach der Tarifeinigung nicht zurück zu öffentlichen Verkehrsmittel zu kehren.

Wobei: Es gibt immer Veränderungen in der Lebenssituation der Menschen, deswegen kommt es auch immer mal wieder vor, dass jemand vom Auto auf die Bahn oder umgekehrt wechselt. Jedoch: Der Schaden, der dem System Schiene durch die jetzt wieder absehbaren Streiks entsteht, ist enorm. Das ist dann auch der Unterschied zwischen einem Streik in der produzierenden Industrie und bei öffentlichen Dienstleistungen. In der Industrie laufen die Fixkosten für den Arbeitgeber weiter (abgesehen von den Gehältern der Beschäftigten), während nichts mehr produziert wird. Das ist bei der Eisenbahn ein wenig anders. Das sieht man auch an der Reaktion der Deutschen Bahn während des großen Streiks damals, als für dreistündige Ausstände zum Teil mehrere Tage nur ein massiv eingeschränkter Fahrplan gefahren wurde.

Damit hat der damalige Vorstand erheblich zur Eskalation beigetragen und man kann in so einem Fall nur hoffen, dass möglichst viele Aufgabenträger die Courage haben, das als das zu sehen, was es ist, nämlich eine unbegründete Leistungsverweigerung. Wenn eine Gewerkschaft von 9 bis 12 streikt und ganztags nur ein eingeschränktes Programm gefahren wird, hat das nichts mehr mit höherer Gewalt zu tun, auch wenn Streiks üblicherweise als solche angesehen werden. Wenn man immer wieder über Fragen des Branchenzusammenhaltes diskutiert, dann gilt das erst recht in solchen Fällen und auch für Gewerkschaften. Streiks sind für das Erscheinungsbild der Schiene jedenfalls schlecht.

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