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DB Regio: Die Mär der höheren Lohnkosten

18.06.14 (VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

DB Regio plant im Zusammenhang mit der Ausschreibung der Vorlauflinien des Rhein-Ruhr-Express in Nordrhein-Westfalen den Marktaustritt aus dem SPNV an Rhein und Ruhr. Das berichteten unwidersprochen mehrere große deutsche Tageszeitungen in der vergangenen Woche. Weil der VRR das Prinzip der Herstellerwartung einführen will, muss man bei der Deutschen Bahn auf einige strukturelle Wettbewerbsvorteile verzichten, etwa bei der Anschaffung von Rollmaterial oder bei den Werkstattstandorten. Vielfach wird in diesem Zusammenhang auch über weitere Komponenten, insbesondere die Bezahlung der Beschäftigten diskutiert. Bei den Wettbewerbsbahnen, so wird vielfach kolportiert, würden gerade die Betriebseisenbahner wie Triebfahrzeugführer oder Zugbegleiter deutlich weniger Geld verdienen als bei den intramodalen Wettbewerbern.

Dem widerspricht VRR-Chef Martin Husmann im Gespräch mit dem Eisenbahnjournal Zughalt.de: „In den letzten sechs Ausschreibungen im VRR hat DB Regio nur bei einer einzigen Vergabe die höchsten Lohnkosten aller Bieter gehabt und diese Vergabe auch noch für sich entscheiden können. Bei fünf der sechs letzten Verfahren hatte ein anderes Unternehmen als DB Regio die höchsten Lohnkosten. Die Aussage, dass man bei der Deutschen Bahn wegen höherer Verdienste der Belegschaft im Wettbewerb benachteiligt sei, ist aufgrund dieser Zahlen nicht zu halten.“ Die Vorurteile, wonach die Wettbewerbsbahnen am liebsten Langzeitarbeitslose einstellen, deren Ausbildung dann bevorzugt von den regional zuständigen Sozialleistungsträgern finanziert wird, sind nicht nur falsch, sondern werden bewusst suggeriert, um politische Lobbyarbeit zu betreiben. Die Realität ist eine andere.

Das gilt auch für einen vermeintlichen „Erstellermangel“ über den in der Eisenbahnbranche seit dem Abellio-Urteil vor dreieinhalb Jahren diskutiert wird. Zwar hört man immer wieder von Ausschreibungen, bei denen sich nur ein oder zwei Bieter beteiligen, das jedoch hat, so Martin Husmann, auch viel mit der Frage zu tun, wie gut der Aufgabenträger seinen Job macht: „Wir müssen die Rahmenbedingungen einer Vergabe stets so ausgestalten, dass die Teilnahme für unsere Bieter attraktiv wird. Damit erhalten wie viele Marktteilnehmer und können den Zuschussbedarf im Interesse der Fahrgäste und Steuerzahler senken. Die Erfolge der letzten Vergaben zeigen, dass wir uns auf einem guten Weg befinden, auch wenn DB Regio sich an einigen oder allen künftigen Vergaben nicht mehr beteiligen möchte. Das müssen wir respektieren. Jedes Unternehmen, auch DB Regio, hat das Recht zum Marktaustritt.“

Das gilt jedoch nicht nicht für laufende Verkehrsverträge. Dort ist DB Regio zum Teil langfristig gebunden, so dass die verkehrsroten Züge dauerhaft fester Bestandteil des nordrhein-westfälischen SPNV sein werden. Doch davon unabhängig läuft auch das aktuelle Vergabeverfahren für die RRX-Linien „sehr gut“, wie Husmann sagt. „Wir haben vier Hersteller und sieben Verkehrsunternehmen, einschließlich DB Regio, die sich an der laufenden Vergabe beteiligen. Auch für die letzten Jahre können wir Berichte über zu wenige Bieter nicht bestätigen. Wir schaffen es augenscheinlich, unsere Vergaben so attraktiv zu machen, dass sowohl etablierte Betreiber wie auch Markteinsteiger zu uns kommen und sich auf unsere Aufträge bewerben. Auch jetzt beim von DB Regio kritisierten Modell der Herstellerwartung.“ Der VRR war allerdings vor einigen Jahren noch von schweren Schlechtleistungen betroffen, die heute kaum noch vorstellbar sind. Auch vor diesem Hintergrund wird der Hersteller für die komplette Instandhaltung bis hin zur Reinigung verantwortlich sein und der Besteller kann im Fall von Schlechtleistungen oder wiederholten Defekten deutlich einfacher reagieren.

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