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Das Recht zum Marktaustritt

18.06.14 (Kommentar, Nordrhein-Westfalen, VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Jedes Unternehmen hat das Recht zum (teilweisen oder vollständigen) Marktaustritt, selbstverständlich auch DB Regio. Wenn man sich entscheidet, dass bestimmte Aktivitäten nicht mehr lukrativ genug sind, kann man das Geschäft ganz einstellen oder sich andere Aufgabenfelder suchen. Das scheint bei der Deutschen Bahn der Fall zu sein. Trotz der ständigen Behauptungen des Vorstandsvorsitzenden Rüdiger Grube, der Eisenbahnverkehr auf der Schiene in Deutschland sei das „Brot- und Buttergeschäft“ des Konzerns, hat man bereits im Sommer 2011, wenige Wochen nach dem Abellio-Urteil, angekündigt, dass man sich künftig nur noch an einigen wenigen, ausgewählten Ausschreibungen im Regionalverkehr beteiligen wird und ließ öffentlich suggerieren, dass vielen Regionalverkehrsstrecken die Schließung drohe, weil sich keine Bieter mehr fänden.

Tatsächlich liegt die Zahl der Bieter im bundesweiten Durchschnitt deutlich unter der im VRR. So hat man, wie VRR-Chef Martin Husmann in der aktuellen Zughalt-Ausgabe darlegt, aktuell vier Hersteller und sieben Eisenbahnverkehrsunternehmen, allerdings einschließlich DB Regio, unter den Bietern. Nach dem angekündigten Ausstieg wären es noch immer sechs und somit deutlich mehr als sonst in Deutschland üblich. Das zeigt, dass der VRR sich auf die Marktsituation vorbereitet hat, denn man muss künftig davon ausgehen, dass DB Regio nicht mehr automatisch an jeder Ausschreibung teilnimmt, auch dann nicht, wenn es sich um Netze handelt, die man bereits fährt.

Wie man die Unternehmensschrumpfung intern regelt, ist für Außenstehende nicht interessant, da müssen sich die Verantwortungsträger in den Unternehmen mit ihren Betriebsräten und Gewerkschaften auseinandersetzen. Möglicherweise wird dann die Personalübernahme durch andere Unternehmen wirklich relevanter als sie heute ist. Das sind aber alles Dinge, die sich zeigen werden und dass die Wettbewerbsbahnen per se weniger zahlen als DB Regio hat sich nun endlich als falsch erwiesen. In der heutigen Zughalt-Ausgabe erklärt VRR-Chef Martin Husmann, dass DB Regio bei den letzten sechs Vergaben nur ein einziges Mal die höchsten Personalkosten hatte, ausgerechnet eine, die man auch noch gewonnen hat. Das zeigt, wie sehr sich die Lebensrealität im Markt von dem unterscheidet, was die Deutsche Bahn Politikern und Mitarbeitern erzählt.

Dabei hat die Deutsche Bahn eine ganze Reihe an Wettbewerbsvorteilen im Vergleich zu ihrer intramodalen Konkurrenz. So kann man sich als Bundesunternehmen zu deutlich besseren Konditionen am Kapitalmarkt bedienen und Investitionen somit wesentlich günstiger finanzieren. Hohe Abnahmemenge sorgen zudem dafür, dass man bei Verhandlungen mit der Waggonbauindustrie gegenüber deutlich besser dasteht. Wenn nun aber bestimmte Vorteile wegfallen, gerade in Sachen Rollmaterial und Werkstätten, dann ist es eine unternehmenspolitische Entscheidung aus dem Markt auszutreten. Wie eine Staatseisenbahn mit dem Anspruch auf den höchstmöglichen Marktanteil sähe man die Deutsche Bahn dann nicht mehr aus – auch nicht wenn es um die Konzernstruktur geht.

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