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Die Müngstener Realsatire

12.05.14 (Kommentar, VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Gelegentlich wird mir vorgehalten, ich würde dem Ansehen der Eisenbahn in der Öffentlichkeit schaden, wenn ich schreibe, dass die Müngstener Brücke bis auf weiteres dauerhaft gesperrt ist und dass die immer mal wieder genannten Termine zur Wiedereröffnung ohne jede praktische Relevanz sind, weil sie ohnehin nie eingehalten werden. Die Realität jedoch zeigt, dass das die passende Zustandsbeschreibung ist. Im Bergischen Land hat die Eisenbahn inzwischen vermutlich wieder den Ruf, extrem unzuverlässig zu sein. Ein Image, von dem sich die Schiene nach der Abschaffung der Bundesbahn mit viel Aufwand befreit hat.

Die Fahrzeit verlängert sich durch den Busersatzverkehr erheblich, letzten Herbst wurde für den Fall von Eis und Schnee dazu aufgerufen, noch früher zu fahren. Der Freizeitverlust ist, wenn man ihn auf den Monat hochrechnet, ganz erheblich und niemandem mehr ernsthaft zuzumuten. Nicht im Vergleich zwischen Auto und Zug, sondern im Vergleich zwischen einer funktionierenden und gesperrten Müngstener Brücke. Vor diesem Hintergrund kann man wahrlich niemandem verdenken, der die Bahn Bahn sein lässt und das Auto nimmt, trotz des täglichen Stau auf den parellel laufenden Autobahnen A1 und der A46.

Aber reicht das? Ist das halt alles irgendwie Pech, höhere Gewalt und man kann sowieso nichts dran ändern? Es ist sicher möglich, lang und breit darüber zu diskutieren, ob die DB Netz AG hier eisenbahnrechtliche Betriebspflichten verletzt, schließlich gibt es für Schließungen gesetzlich geregelte Verfahren. Nach dem Rechtsgrundsatz Impossibilium nulla est obligatio kann man jedoch allenfalls nachträglich Regressforderungen stellen: Ein Betrieb der Brücke wäre aus Gründen der Sicherheit nicht möglich. Trotzdem: Hier ist von der DB Netz AG schuldhaft eine Situation herbeigeführt worden, die dazu führt, dass die Anlage seit Jahren nicht befahrbar ist und das bis auf weiteres aus nicht sein wird. Was soll man jetzt auf Versprechen geben, zum Fahrplanwechsel im Dezember würde wieder alles laufen? Oder im Juni 2015? Ich darf an dieser Stelle daran erinnern, dass es im Frühjahr 2011 hieß, nun sei alles in Ordnung, lediglich einige wenige Feriensperrungen würde es noch geben, aber die Betriebssicherheit der Anlage sei auf Dauer gewährleistet. Abellio könne fahren, die Müngstener Brücke steht. Nichts davon ist eingetreten.

Seit Jahren wird DB Netz immer wieder während der Bauarbeiten überrascht. Hoppla, die ganze Anlage ist ja scheinbar noch ein klein wenig rostiger und desolater als gedacht. Was da in den nächsten Jahren noch ins Haus steht, kann im Moment niemand seriös abschätzen; auch DB Netz nicht und das ist besonders traurig. Der VRR jedoch zeigt, dass man mit der Ausschreibung richtig gehandelt hat: Von Anfang an war klar, dass die Müngstener Brücke ein unkalkulierbares Risiko sein würde und deshalb hat man zurecht die Pönale auf niedrigem Niveau gedeckelt und die Kosten für Busverkehre selbst übernommen. Somit konnte eine vernünftige Vergabe gewährleistet werden, selbst in dieser Situation braucht man die in diesem Zusammenhang oft geforderte Direktvergabe an DB Regio nicht.

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