Wer vertritt wessen Interessen?
14.04.14 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
Hat jemand erwartet, dass die ÖV-Lobby sich mit der EEG-Umlage für Fahrstrom einverständen erklärt? Natürlich nicht! Selbstverständlich fordert jeder für sein Klientel stets das Beste. Allerdings ist es weder im Interesse vernünftiger Investitionsanreize, noch ökologisch sinnvoll, den Fahrstrom für Eisenbahnfahrzeuge per se und pauschal von allen Kosten für die Energiewende freizustellen, nur weil die Schiene – nach Definition der eigenen Interessenvertreter – den anderen Verkehrsträgern auf einer moralischen Ebene überlegen ist.
Nein, statt diesen Rasenmäher-Rabatten ist es an der Zeit, die EEG-Umlage als Steuerungsinstrument einzusetzen und dafür zu sorgen, dass Investitionen attraktiv werden. Also weg von Lokomotiven der Baureihe 140, die aus den 50er Jahren stammen. Die LKW-Speditionen fahren ja auch nicht mehr mit dem Krupp Titan durch die Gegend. Auch 218er Dieselloks, wie DB Regio sie heute zu Teilen noch verwendet, haben im modernen SPNV und einem energieeffizienten Eisenbahnwesen keinen Platz mehr. Eine vernünftige Lösung wäre, wenn man den Bahnstrom nur bis zu einer gewissen Menge pro Platzkilometer bzw. pro Tonnenkilometer von der EEG-Umlage befreien würde. Alles was über diese (von Experten zu definierende) Menge hinausgeht, wird gleich sehr hoch belastet, um Investitionen in energieffiziente Triebfahrzeuge betriebswirtschaftlich sinnvoll zu machen.
Jetzt kann man natürlich über die hohen Kosten lamentieren, dass die Schiene zu teuer sei, es müsse alles billiger werden, jede Nicht-Befreiung von der EEG-Umlage würde dafür sorgen, dass die Eisenbahn im Wettbewerb der Verkehrsträger zu einem Nachteil komme. So kann man das natürlich sehen. Wenn man das aber sagt, wie die Allianz pro Schiene und der VDV es tun, dann muss man auch die horrenden Trassenpreise zugunsten der DB Netz AG betrachten. Die sind es nämlich, die der Schiene Probleme bereiten. Der Güterverkehr auf der Schiene wird über die Trassenpreise aus Regionalisierungsgeldern mitfinanziert, anderweitig wäre er gar nicht mehr darstellbar, oder wieso sonst zahlt ein viertausend Tonnen schwerer Güterzug nur einen Bruchteil der Trassengebühren einer hundert Tonnen schweren Regionalbahn und fährt selbiger zudem noch die Takttrasse kaputt?
Der hoch subventionierte SPNV muss den Güterverkehr mitfinanzieren, weil dieser anders gar nicht mehr am Markt bestehen kann, gleichzeitig gibt es exorbitante Trassenkosten, die die Schiene finanziell viel stärker belasten als jede EEG-Umlage es jemals könnte. Wir haben in Deutschland einen DB-Konzern, der zwar nicht an der Börse ist, aber dennoch die (etwas abstruse) Situation, dass die Worst-Case-Szenarien aus der Debatte um den Börsengang allesamt eingetreten sind. Das sind die Probleme, die viel größer sind. Denen sollten sich Allianz pro Schiene und VDV widmen, wenn ihnen an der wirtschaftlichen Marktfähigkeit der Schiene gelegen ist. Allerdings ist hier auch der Punkt erreicht, an dem sich die Unternehmensinteressen der DB AG von denen des Verkehrsträgers Schiene unterscheiden – aber wer vertritt hier wessen Interessen?