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Die Herstellerwartung wird funktionieren

07.04.14 (Kommentar, Sachsen, VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Gegner des Prinzips der Herstellerwartung, so sie sich nicht durch unsachliche-polemische und herabwürdigende „Argumentationsweise“ selbst disqualifizieren, suggerieren regelmäßig, das Prinzip der Herstellerwartung sei ein Sonderweg des VRR. Dieser ist schon seit längerer Zeit das vielfältige Feindbild unter den Eisenbahnern. Überhaupt sei DB Regio durch die Wettbewerbssituation in Deutschland „strukturell benachteiligt“. Solche Äußerungen kommen bei weitem nicht nur von Lokführern, die gerne Beamte wären, sondern von teilweise sehr hoher Stelle in der Branche.

Nun aber macht, wenn auch mit weniger Medienpräsenz, der Verkehrsverbund Mittelsachsen deutlich, dass man an Rhein und Ruhr gar nicht alleine dasteht mit dem Wunsch, selbst die Kontrolle über das Rollmaterial und dessen ordnungsgemäße Instandhaltung zu haben. Das ist gut verständlich, wenn man sich die teilweise massiven Schlechtleistungen im SPNV ansieht, die längst keine Spezialität des Branchenprimus mehr sind, sondern – vor allem bei schwacher Gestaltung der Verkehrsverträge – in so gut wie jedem Unternehmen vorkommen können. Hier fürchten die Verkehrsunternehmen, und wenn der VDV sagt, dass es nicht nur DB Regio ist, sondern diverse Wettbewerbsbahnen, dann stimmt das sicherlich, dass sich die Machtverhältnisse massiv zu Lasten der Ersteller verschieben.

Wenn der Aufgabenträger Eigentümer der Züge ist und deren Instandhaltung auf Basis seperater Verträge erfolgt, dann sind Verkehrsverträge sehr viel leichter zu kündigen. Wenn der VRR 2008 tatsächlich eine Option gehabt hätte, den Vertrag so zu kündigen, dass man nicht im Anschluss daran direkt wieder DB Regio per Auferlegung hätte fahren lassen müssen, dann wäre die ganze Ausgangssituation während des späteren Rechtsstreits eine andere gewesen. Man stelle sich vor, ein Berliner Aufgabenträger (dass der VBB einem so hohen politischen Einfluss unterliegt, ist ein Sonderthema) wäre bei der dortigen S-Bahn Eigentümer der Fahrzeuge gewesen: Dann hätte man der DB AG den Vertrag kündigen können. Lange Rede, kurzer Sinn: Hier geht es nicht darum, dass ein Wirrwarr an Zuständigkeiten den Eisenbahnbetrieb unmöglich macht und die Behauptungen, es würden Dumpinglöhne gezahlt, entbehrt jeder seriösen Grundlage.

Worum es tatsächlich geht, ist dass eine Zuschlagserteilung kein Freibrief mehr für 15 Jahre Schlechtleistungen ist und dass ein Auftrag schneller wieder weg sein kann, als es einem lieb ist. Denn die Deutsche Bahn selbst macht ja vielfältig vor, dass sie es nicht so eng sieht: Nicht nur, dass man mit Arriva auch in Märkten, wie etwa Großbritannien, tätig ist, in denen die Herstellerwartung die Regel ist, sondern auch in Deutschland geht es in diese Richtung. Dass man Wartungsarbeiten für andere Betreiber macht oder dass man bereits signalisiert hat, den Wartungsvertrag für die RRX-Züge kriegen zu wollen. Das alles zeigt: Die Herstellerwartung wird funktionieren. Das System ist aber für Deutschland neu, deswegen ist das alles noch kein Beleg dafür, dass ein solches System per se besser ist als die aktuell im SPNV übliche Betreiberwartung.

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