Viertes Eisenbahnpaket: Was geblieben ist
03.03.14 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Im vierten Eisenbahnpaket hat man sich also noch einmal auf eine Kompromisslösung geeinigt, die im wesentlichen den Status Quo beibehält (zumindest in ordnungs- und vergabepolitischen Fragen). Das war, allen Bemühungen von Verkehrskommissar Siim Kallas zum Trotz, zu erwarten. Wer in Deutschland gehofft hat, die Europäische Union würde Regelungen gegen den Willen der Bundesregierung treffen, der ist enttäuscht worden.
Zuerst: Die Europäische Union ist auch deshalb so unbeliebt, weil nationale Politiker in Europa Prozesse vorantreiben, die als solche nicht mehrheitsfähig sind. Man kann sich dann besser herausreden, indem man sagt, das käme ja alles aus Europa. Zweitens: Bereits andere infrastrukturpolitische Entscheidungen wurden auf Druck der deutschen Bundesregierung in Europa nicht weiter verfolgt, etwa die ähnlich gelagerte Debatte um die Stromversorgungsnetze. Vor diesem Hintergrund war es zu erwarten, dass in Brüssel nicht vermeintliche oder tatsächliche Versäumnisse aus Berlin ausgebügelt werden. Es gibt bestimmte Rahmenbedingungen: Dazu gehört der freie Netzzugang ebenso wie die europaweite Zulassung von Eisenbahnfahrzeugen oder eine gemeinsame Leit- und Sicherungstechnik für die Zukunft.
Dadurch soll ein einheitlicher Eisenbahnraum geschaffen werden. Auch, dass die Trassen für transnationale Güterzüge bei einer zentralen Stelle gebucht werden können, ist eine Sache für die Europäische Union. Wie die Eisenbahn dann national organisiert wird, muss auf nationaler Ebene entschieden werden. Und da muss man in Deutschland eben feststellen, dass es Diskriminierung der alten Art nicht mehr gibt. Wer eine Trasse anmeldet, kriegt sie auch, und die Wettbewerbsbahnen berichten schon seit Jahren übereinstimmend von einem guten Verhältnis zu DB Netz (abgesehen von Sonderfällen wie z.B. der Müngstener Brücke). Das hat etwas damit zu tun, dass die „Bunten“ dort genauso Kunden sind wie die rote Konzernschwester. Die Probleme, die es da objektiv gibt, z.B. die Frage, in welchem Rechtsverhältnis Aufgabenträger und Infrastrukturbetreiber zueinander stehen sollen und wer eigentlich die Qualität der Netzinfrastruktur überwacht, müssen vor Ort und national von den Verkehrspolitikern gelöst werden.
Es heißt ja immer wieder, dass man keinen europäischen Zentralstaat will und jetzt kann man die Verantwortung für die Schiene selbst übernehmen. Dabei gibt es ja durchaus Freiheiten: In Deutschland sind etwa die Direktvergaben von Eisenbahnleistungen, die der EU-Verordnungsgeber vorsieht, nach nationalem Recht seit dem Abellio-Urteil untersagt. Wenn das gebrochen wird, gibt es nationale Anlaufstellen dafür. Aber jetzt hat Brüssel den Ball nach Berlin zurückgespielt und es muss eine Antwort auf die Frage her, wie die Eisenbahn künftig aussehen soll. Die heutige Deutsche Bahn AG ist nicht Ziel oder Anfang, sondern das Produkt einer abgebrochenen Eisenbahnreform. DB und NE konkurrieren auf DB Netz, wobei es unkontrollierte Geldströme gibt, während die Bundesregierung nur ihre Dividende will? Einer großen Koalition sollte da deutlich mehr einfallen.