S-Bahn Berlin GmbH fährt in die schwarzen Zahlen
24.03.14 (Berlin) Autor:Stefan Hennigfeld
Die zur Deutschen Bahn AG gehörende S-Bahn Berlin GmbH hat 2013 erstmals seit 2008 wieder schwarze Zahlen geschrieben und konnte einen Gewinn von 43 Millionen Euro verbuchen. Aufgrund erheblicher Misswirtschaft im Unternehmen hatte man zuletzt massive Verluste eingefahren und musste parallel dazu über Jahre hinweg das vom VBB bestellte Angebot eigenmächtig kürzen – was zu einer kostspieligen Pönalisierung geführt hat.
Der damalige VBB-Chef Hans-Werner Franz fasste das am 3. Dezember 2012 im Eisenbahnjournal Zughalt.de folgendermaßen zusammen: „Dort wurden in fahrlässiger Weise notwendige Wartungsarbeiten nicht durchgeführt. Dann kam es zu Radbrüchen, Bremsversagen und Entgleisungen. Es wurden der Aufsichtsbehörde gegenüber Wartungen gemeldet, die gar nicht durchgeführt worden sind. Das ist im deutschen Eisenbahnwesen bislang so noch nie vorgekommen. Das sind grobe Verstöße gegen die Regeln für eine ordentliche Führung eines Eisenbahnverkehrsunternehmens.“ Ab 2009 war das Unternehmen, nachdem es in Folge von schlechten Wartungsarbeiten zu einem Unfall gekommen war, nicht mehr in der Lage, die vertraglichen Pflichten zu erfüllen. Hans-Werner Franz hatte jedoch bereits ab 2007 einen merklichen Qualitätsabbau bemerkt. Doch erst im Januar 2009 brach ein Radreifen und ein Zug entgleiste.
„Danach folgte der erste Einbruch, der nach den Sommerferien getoppt wurde, als bei einer Prüfung durch das Eisenbahnbundesamt festgestellt worden ist, dass bei einer großen Anzahl an Fahrzeugen mehr als die Hälfte der Bremsen nicht mehr funktioniert haben. Da wären alle Züge, bei denen nicht sichergestellt war, dass die Wartungsarbeiten korrekt durchgeführt worden sind, stillgelegt worden“, so Hans-Werner Franz im Herbst 2012. Davon unabhängig gab es immer wieder Zugausfälle wegen mangelndem Personal und zu wenig Ausbildung. Franz damals: „Es ist überhaupt nicht begreifbar, dass die Deutsche Bahn AG ihren Laden so schlecht managt. Dafür gibt es überhaupt keine Entschuldigung, das ist unzumutbar.“ Und das hat nicht nur die Endkunden und den Aufgabenträger verärgert, es war auch teuer. Insgesamt über 100 Millionen Euro wurden zurückgehalten – während die Kosten weiterliefen. Rund 360 Millionen Euro Verlust hat man in den Jahren 2009, 2010, 2011 und zuletzt 2012 gemacht. Dabei waren die Renditeerwartungen erheblich. Nach einem Unternehmensgewinn von neun Millionen Euro im Jahr 2005 stieg dieser auf 34 Millionen Euro im Jahr 2006 und auf 56 Millionen Euro im Jahr 2008 – erkennbar hingen die deutlich gesteigerten Gewinne bei der S-Bahn Berlin GmbH mit dem vom VBB kritisierten Qualitätsabbau zusammen.
Im Jahr 2010 waren sogar 125 Millionen Euro Gewinn geplant – auch wenn es soweit nicht gekommen ist. Die Deutsche Bahn AG wollte den Gewinn innerhalb von fünf Jahren um den Faktor 14 vervielfachen – und ist damit gescheitert. Die Deutsche Bahn AG ist in diesem Zusammenhang teilweise mit manipulativen Angaben an die Öffentlichkeit gegangen: So wurde etwa behauptet, dass die gesteigerten Gewinne mit den Investitionen zusammenhingen und diese notwendig seien, um die Investitionskosten zu refinanzieren. Die Rede ist allerdings jeweils von Nettogewinnen (EBITDA) und nicht vom operativen Ergebnis – die Gewinne sind also auch nach Abschreibungen, Zinsen und Tilgung weiter deutlich in die Höhe gegangen, zumindest bis zum Ausbruch der S-Bahnkrise Anfang 2009. Jedes Jahr stehen 250 Millionen Euro Bestellmittel für die S-Bahn zur Verfügung. Die Hälfte davon sollte 2010 als Gewinn an den DB-Konzern abgeführt werden.
Doch damit nicht genug, wie Hans-Werner Franz im Herbst 2012 sagte: „In der Mittelfristplanung wollte die DB AG eine jährliche Gewinnausschüttung auf dem Niveau dessen haben, was wir als Bestellerentgelte an die S-Bahn Berlin zahlen. Fast der gesamte öffentliche Zuschuss sollte komplett an den Mutterkonzern weitergeleitet werden.“ Ein Unternehmen hätte unter diesen Umständen nur noch auf Verschleiß gefahren werden können. Und auch dafür fand er deutliche Worte: „Die Deutsche Bahn AG hat sich als Gesellschafterin der S-Bahn Berlin GmbH eindeutig wie eine Heuschrecke verhalten. Man hat die Rationalisierungsbemühungen deutlich zu weit getrieben und den Kern des Unternehmens nachhaltig beschädigt.“ Nun scheint man die Talsohle durchschritten zu haben und bereitet sich auf die Neuvergabe vor, die in den kommenden Jahren ansteht.