Nutzen und Potentiale der Bahndividende
17.03.14 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
Als die schwarz-gelbe Bundesregierung 2010 entschieden hat, von der Deutschen Bahn AG künftig eine Dividende in Höhe von 500 Millionen Euro mit steigender Tendenz über die Jahre einzufordern, ging ein Raunen durch die ÖV-Welt. Nicht zu unrecht, denn das Geld wird genutzt, um im Bundeshaushalt Löcher zu stopfen. Die öffentlichen Verkehrsmittel als Finanzsteinbruch und Spardose der Politik – nichts neues. Bei näherem hinsehen stellte man fest, dass die Bahndividende einer faktischen Senkung der Regionalisierungsgelder entspricht. Die kann der Bund nur mit Zustimmung der Länder senken.
Das ist 2007 erfolgt, die Länder haben sich einverstanden erklärt, weil sie seitdem nicht zweckgebundene Ausgleichszahlungen erhalten, die aus den Mehreinnahmen der Umsatzsteuererhöhung finanziert werden, die zum 1. Januar 2007 von 16 auf 19 Prozent angehoben wurde. Somit sind auch die gebetsmühlenartig wiederholten Behauptungen von Ländervertretern, es habe eine „Senkung der Regionalisierungsgelder durch den Bund“ gegeben, sachlich nicht zu halten. Eine tatsächlich faktische einseitige Senkung war jedoch die Bahndividende, denn das Geld, das man den Ländern zur Bestellung von SPNV-Leistungen nicht kürzen kann, kann man durch die zur Dividendenfinanzierung genutzten, höheren Trassenpreise als reale Senkung sehen. Denn die Aufgabenträger selbst warnen bereits seit Jahren davor, dass das aktuelle Leistungsangebot nicht dauerhaft zu halten sei. Was man aktuell noch durch Ausschreibungsersparnisse kompensiert, muss beim dicken Ende per Abbestellung eingespart werden.
„Die Bahn kann gar keine Strecken stilllegen“ hieß es in der Debatte um den Börsengang. Aber sie kann die Trassenpreise so massiv erhöhen, dass die Bestellung von Zugleistungen im SPNV unfinanzierbar wird. Wieder so ein Punkt, an dem die in der Debatte um den Börsengang befürchteten Worst-Case-Szenarien auch ohne einen solchen eingetreten sind. Dabei hat man mit einer Bahndividende durchaus Potentiale zur verkehrspolitischen Steuerung und zweckgebundenen Finanzierung. So verweist die DB AG selbst regelmäßig darauf, dass sie bei eigenen Investitionen „angemessene Renditen“ erzielen müsse. Also in einer Zeit, in der das Vermögen der breiten Masse der Bevölkerung durch politisch gewolltes Zinsdumping kaputt gemacht wird, sind neun Prozent Rendite auf Infrastruktureinrichtungen für die DB AG noch immer „marktgerecht“.
Aber gut, sei es, wie es sei. Was spricht denn dagegen, mit den Einnahmen aus der Bahndividende Schieneninvestitionen zu finanzieren? Also die Bahn zahlt eine Dividende und davon finanziert der Bund dann Investitionen, die bei der DB AG nicht bilanziert werden können und deshalb keine Rendite fällig wird. Das wäre deutlich besser und zur verlässlichen Sicherstellung der auskömmlichen öffentlichen Kofinanzierung deutlich sinnvoller als unreflektierte Rufe nach „mehr Geld“ und „keine Dividende“, wie sie aktuell von Pro Bahn und alsbald vermutlich auch von anderen ÖV-Lobbyisten kommen wird. Das wäre dann ein gelebter Finanzierungskreislauf Schiene, denn der hatte zuletzt ein ziemlich großes Leck.