Dem Angstraum ÖPNV entgegentreten
13.03.14 (Kommentar, Österreich) Autor:Stefan Hennigfeld
In den ersten Jahren nach der Eisenbahnreform war es üblich, dass die Fahrscheine nur noch stichprobenartig kontrolliert wurden. Prüfdienste, häufig von externen Unternehmen, steigen ein und wieder aus. Auf immer mehr Strecken wurden Silberlinge durch moderne Triebzüge ersetzt, die keinen Zugbegleiter mit betrieblichen Aufgaben mehr benötigt haben. In einer Zeit, in der sich eine Eisenbahnbehörde deren Umsatz niedriger war als die Personalkosten am Markt orientieren musste, schien es, als sei es hier möglich, besondere Effizienzen zu heben.
Doch nach zwanzig Jahren stellt man fest: So toll war es gar nicht und auch wenn Videokameras in den Zügen aufgrund der fortschreitenden Technik erschwinglich wurden, ersetzen diese – zumindest in der subjektiven Sicherheitswahrnehmung – keine Mitarbeiter vor Ort, an den Bahnsteigen und im Zug. Das gilt gerade in öffentlichen Verkehrsmitteln, die traditionell in der öffentlichen Wahrnehmung ein Angstraum sind. Natürlich kann die ÖV-Lobby jetzt immer wieder darauf hinweisen, dass Busse und Bahnen im Durchschnitt nicht gefährlicher sind als andere Bereiche des öffentlichen Raums. Das stimmt sogar, aber Angst ist etwas subjektives und wenn man sich im Wettbewerb der Verkehrsträger besser aufstellen will, dann muss man sich darüber Gedanken machen, wie man das Angebot attraktiver macht. Dazu gehört auch, dass man – gerade in der Tagesrandlage – uniformiertes Sicherheitspersonal vor Ort einsetzt.
Denn so wie man wissenschaftlich nachweisen kann, dass es statistisch gesehen nicht gefährlicher ist im Zug als auf einer Parkbank zu sitzen, so hat nun das Wiener Institut für Verkehrswesen nachgewiesen, dass bereits die Angst und negative Gefühle gerade bei Frauen das Mobilitätsverhalten ändert. Das ist ein Punkt, vor dem man nicht die Augen verschließen darf: Angst. Angst vor gewaltsamen und/oder sexuellen Übergriffen. Natürlich sind die vor einigen Jahren diskutierten Fälle von U-Bahnschlägern oder S-Bahnmorden jenseits dessen, was in der Masse der Fälle realistisch ist, aber sie tragen eben zu einem Bild des öffentlichen Verkehrs in der Öffentlichkeit bei. Und statt über böse Medien zu lamentieren, die ein dunkles Bild von Bus und Bahn zeichnen, das zwar subjektiv vorhanden ist, aber nicht realistisch, ist die ÖV-Branche gefragt, mit Maßnahmen wirksam entgegenzutreten.
An einem Punkt sind die Aufgabenträger gefordert: Sie müssen Zugbegleitquoten festlegen, die über das pure schnelle Prüfen von Fahrausweisen hinausgehen. Gerade, aber nicht nur, zur Tagesrandlage müssen die Züge besetzt sein. Auch tagsüber sind zehn Prozent Begleitquote, zumindest in bestimmten Regionen und auf ebensolchen Linien, nicht ausreichend. Doch auch die Verkehrsunternehmen selbst, gerade auch im kommunalen Bereich, müssen ein Zeichen setzen: Uniformierte Sicherheitskräfte müssen Präsenz zeigen, ansprechbar sein um ein Gefühl der Sicherheit zu geben. Letztlich kommt es darauf an, Zugangshemmnisse abzubauen und eines davon ist das Sicherheitsempfinden. Die Fahrt im ÖPNF darf nicht zur (gefühlten) Tortour werden.