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Neue Wege in der Wartung gehen

24.02.14 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Max Yang

Oft greift man zu Vergleichen mit der Luftfahrt, um Strukturdebatten in der Eisenbahnbranche zu begegnen, auch wenn sie nicht immer passend sind. Beklagt sich der HKX darüber, keinen Zugang zu den Reisezentren der DB zu angemessenen Konditionen zu erhalten, empört sich postwendend so manch ein DB-Bahner über das Anliegen und konstatiert, dass ja auch Lufthansa keine Flugtickets von Air Berlin verkauft (in wohlwollender Missachtung der Tatsache, dass es in der Luftfahrt durchaus Vertriebskooperationen etwa als Codeshare gibt, wenn auch nicht flächendeckend). Andere fordern eine Trennung von Netz und Bahnbetrieb, da schließlich auch die Flughäfen nicht im Mehrheitseigentum einzelner Fluggesellschaften stehen, sondern meist von Kommunen oder unabhängigen Privaten.

In der Luftfahrt ist auch die Herstellerwartung faktisch nicht vorhanden, die Fluggesellschaften warten ihre Maschinen selbst oder beauftragen andere Fluggesellschaften damit. Das bedeutet jedoch nicht, dass es verkehrt wäre, die Herstellerwartung bei der Eisenbahn zu diskutieren. Flugzeuge legen große Distanzen zurück und Umläufe können so geplant werden, dass sie regelmäßig an bestimmten Orten gewartet werden. Die Fluggesellschaften haben eine gewisse Wahlmöglichkeit. Hingegen herrschte bei der deutschen Eisenbahn lange die irrationale Unsitte vor, Linien und Teilnetze unter der Flagge des fairen Wettbewerbs mit großem Aufwand und Transaktionskosten in kleinsten Losen zu vergeben, anstatt durch politische Weichenstellungen wie Fahrzeugfinanzierungsmodelle neuen Wettbewerbern Chancen auf große Verkehrsverträge zu gewähren.

Nun sollte man natürlich nicht erwarten, dass ein neues kleines EVU an einem Endpunkt der frisch gewonnenen RB 99 zwischen Hintertupfingen und Posemuckel ein Werk für die schwere Instandhaltung von fünf Regioshuttles errichtet, das nach der nächsten Ausschreibung in zehn Jahren seine Bestimmung verliert und mit Verlust abgestoßen wird. Das nächstgelegene Werk gehört aber vielleicht dem ehemaligen Platzhirschen, der nicht unbedingt dafür bekannt ist, neuen Wettbewerbern großzügig entgegenzukommen. Also tun sich Private zusammen und lassen ihre Züge für viel Geld große Entfernungen zu gemeinsamen Werken zurücklegen. In Schweden hat man hingegen durch ein radikales Unbundling die ehemaligen Werke der Staatsbahn SJ in eine Infrastrukturgesellschaft namens Jernhusen überführt. Die Werke werden von Herstellern wie Bombardier und unabhängigen Unternehmen wie EuroMaint (einst zu SJ gehörig, später privatisiert) gemietet.

Wenn die Politik in Deutschland den nötigen Mut dazu aufbringen kann, sollte sie die schwedischen Erfahrungen vorurteilsfrei begutachten und nicht als kurioses Experiment abtun. Bei der S-Bahn Berlin ist die Frage akut, denn sie verkehrt auf einem abgeschlossenen Netz mit 750-V-Stromschiene. Jeder Transport der Züge nach “außen“ bedeutet einen erheblichen Aufwand und die Werke im S-Bahn-Netz gehören der Deutschen Bahn. Noch vor Kurzem wollte die DB angebliche Überkapazitäten bei den S-Bahn-Werken abbauen. 2009 kam dann die Quittung für den Sparkurs.

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