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Gefährliche Vollkaskomentalität bei der GDL

16.01.14 (Allgemein, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Die GDL fordert spezielle, im Zweifel lebenslang zahlende Versicherungen. Das klingt schwammig, ist es auch, denn der Unterschied zwischen dem von der GDL geforderten ZukunftTV und dem mit der EVG bereits abgeschlossenen DemographieTV ist für außenstehende nur schwer nachvollziehbar. Wenn also ein Lokführer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr fahren kann oder die Bahn eine Ausschreibung verliert, dann ist im vorhandenen EVG-Tarifvertrag bereits eine Beschäftigungsgarantie vereinbart und dazu kommt eine dauerhafte Besitzstandswahrung. Wer also auf einen niedriger bezahlten Job versetzt wird, behält weiterhin sein Lokführer-Gehalt.

Natürlich gibt es keine Garantie auf einen heimatnahen Arbeitsplatz, die gibt es jedoch nirgendwo. Was machen denn die Opel-Beschäftigten in Bochum, wenn ihr Werk nächstes Jahr geschlossen wird? Da gibt es auch keine Entlassungen, aber Versetzungen. Man kann nicht jedes Lebensrisiko per Tarifvertrag absichern. Nicht umsonst gibt es bereits einen Betreiberwechseltarifvertrag, der den Neubetreiber zur Übernahme des Personals beim Altbetreiber verpflichtet. Was Herr Weselsky hier ein „Landverschickungsprogramm“ nennt, ist letztlich immer dann erforderlich, wenn vor Ort nichts mehr möglich ist. Eine vom Arbeitgeber finanzierte Versicherung, die für den Rest des Arbeitslebens die Differenz zum DB-Gehalt bei einer Tätigkeit außerhalb des Konzerns finanziert, ist jenseits jeder Realität.

Was die GDL offensichtlich will sind Lokführer, die faktisch Beamte sind, doch Vorsicht: Auch bei der Bundesbahn gab es ähnliche Effekte. Was hat man denn damals mit den Beschäftigten gemacht, wenn eine Strecke geschlossen wurde – was sehr häufig geschah? Die alte Behördenbahn konnte das nur deshalb auffangen, weil sie die Leute im Zweifel mit 40 pensioniert hat. Dabei reicht auch heute ein Blick auf die Zahlen, um zu sehen, wie relevant das Thema wirklich ist: Von rund 20.000 Lokführern im DB-Konzern haben im Jahr 2013 etwa 150 ihre Fahrdiensttauglichkeit verloren, 30 davon infolge traumatischer Ereignisse wie Personenschäden. 115 weitere haben ihre Planstelle durch Ausschreibungsverluste verloren, wovon 27 zu den neuen Betreibern gewechselt sind. 34 erhielten überregional eine andere Tätigkeit. Selbst großzügig überschlagen sind das 0,2 Prozent. Im Schnitt wird ein Lokführer also nicht alle zehn Jahre, sondern nur alle 500 Jahre wegen einer verlorenen Ausschreibung überregional versetzt.

Dazu muss man sich klar machen, was der konzerninterne Arbeitsmarkt eigentlich ist, nämlich ein Arbeitsmarkt. Stellen werden konzernintern ausgeschrieben und man kann sich bewerben. Wer bis zum letzten Drücker wartet und sich um nichts selbst kümmert, der wird danach zu DB Jobservice geschickt, dem konzerninternen Arbeitsamt – wer aber keine Vollkaskomentalität hat, sondern eigenverantwortlich handelt, kann überregionale Versetzungen im Regelfall verhindern. Der Beförderungsfall wird sich bestimmt freuen. Jetzt hat die Bahn bald neben Frühling, Sommer, Herbst und Winter einen weiteren Feind: Den Streik. Wohl dem, der ein Auto sein eigen nennen kann.

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