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Was haben der Modal Split und Penny-Stocks gemeinsam?

09.12.13 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Eines der zentralen Ziele der Eisenbahnreform in Deutschland war, die Schiene wieder zu einem ernsthaften Verkehrsträger zu machen. Das ist misslungen. Dass Thomas Geyer als Präsident der BAG SPNV in der letzten Woche auf den Berliner Bahngesprächen den Modal Split angesprochen hat, ist sicher ein Wandel in der branchenweiten Kommunikationsstrategie. Der Modal Split ist seit Jahrzehnten auf niedrigem Niveau konstant, nachdem er bei der alten Behördenbahn immer weiter gesunken war. Akteure des ÖV-Sektors haben diese Tatsache bei ihren Jubelmeldungen konsequent ignoriert und sich stattdessen auf die steigenden absoluten Fahrgastzahlen gestürzt und somit Erfolge vermeldet, wo bei näherem Hinsehen keine sind.

Nun verweist die BAG SPNV darauf, dass man von 3,7 Prozent im Jahr 2002 zu 4,6 Prozent im Jahr 2012 immerhin eine Steigerung des Anteils am Modal Split von rund 25 Prozent hat. Das ist, mit Verlaub gesagt, eine recht eigenwillige Sichtweise. Man könnte das nämlich auch die ganz normalen, kaum nennenswerten Schwankungen nennen. Wissen Sie übrigens, wieso man an der Börse mit Penny-Stocks so viel Geld verdienen (aber auch verlieren) kann? Weil die Aktienkurse auf so niedrigem Niveau sind, dass bereits marginale Veränderungen prozentual gesehen relativ viel ausmachen. Wenn eine Aktie von 30 auf 45 Cent steigt, dann hat sie 50 Prozent an Wert zugelegt (und bleibt trotzdem ein Zockerpapier).

Diese Phänomen trifft auch auf den Modal Split zu. Wenn man jetzt die weiteren Daten der BAG SPNV zugrunde legt und auch noch den kommunalen ÖPNV und den SPFV mit einrechnet, dann stieg der Anteil des bodengebundenen ÖV-Angebots am Modal Split von 14,2 Prozent im Jahr 2002 auf 15,0 Prozent im Jahr 2012, was dann auch relativ gesehen einer deutlich geringeren Steigerung entspricht. Von einer großen Erfolgsgeschichte kann man nur mit viel Phantasie reden. Tatsächlich sind die Ergebnisse ernüchternd. Auch wenn die große Koalition keine Zielvorgaben für den Modal Split machen will, vielleicht sollte die Politik genau das tun. Die Höhe der Regionalisierungsgelder könnte man z.B. davon abhängig machen, wie erfolgreich die Eisenbahn sich im Wettbewerb der Verkehrsträger verkauft. Es müssen Zielvereinbarungen getroffen werden und die Aufgabenträger brauchen einen ökonomischen Eigenanreiz, diese auch einzuhalten.

Überhaupt haben wir eine Situation, in der die Besteller im Prinzip zwar für gute Leistungen verantwortlich sind und ein angemessenes Controlling ausüben müssen, in der Realität tun das aber nur einige. Doch gerade Schlechtleistungen durch die Verkehrsunternehmen tragen erheblich zu einer Abwanderung aufs Auto bei. Hier sind die Besteller gefordert. Genau deswegen sollte der Bund, auch im Rahmen von Energiewende und Verkehrswende, die künftige Finanzierung von den tatsächlichen Erfolgen abhängig machen. Denn dann hätten die Aufgabenträger erstmals ein ökonomisches Eigeninteresse an hoher Qualität und zufriedenen Endkunden. Die große Koalition bräuchte Mut und Entschlossenheit für eine erhebliche Verbesserung des Gesamtsystems. Ob sie das hat?

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