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Warum kein Zusammenhalt in der ÖV-Branche?

11.11.13 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Auf dem Branchentreff Regio-Signale, der letzte Woche in Frankfurt am Main stattgefunden hat, sprach Bahnchef Rüdiger Grube ebenso wie einige andere Akteure das Thema Branchenzusammenhalt an. Wie sehe es denn aus, wenn ADAC, Autoindustrie und deren Verbände und überhaupt alles, was mit dem Auto zu tun hat, stets mit einer Stimme spricht, während die ÖV-Branche schwer zerstritten da steht, sich selbst nicht einigen könne und nicht in der Lage sei, den handelnden politischen Verantwortlichen gegenüber geschlossen aufzutreten.

Ja, das könnte ein Nachteil für Bus und Bahn sein und man muss sich die Frage stellen, warum das so ist. Da gibt es Leute, die ständig allen in Parade fahren. Woran liegt das? Nun, der erste Punkt ist, dass die ÖV-Branche auf Dienstleistungen basiert. Der Kunde wird befördert und zahlt dafür Geld. Hier gibt es verschiedene Akteure, deren Interessen sich kaum unter einen Hut bringen lassen. Ein Aufgabenträger will nun mal möglichst viel und guten öffentlichen Verkehr bestellen und ein entsprechendes Controlling durchführen, während die Verkehrsunternehmen als deren Auftragnehmer hier natürlich völlig anderer Ansicht sind. So schreibt z.B. der VDV in einer aktuellen Stellungnahme aus dem Jahr 2013 zu einer geplanten Durchführungsrichtlinie der EU-Verordnung 1370, dass man die Fahrgastzufriedenheit zwar im Rahmen von Evaluationen abfragen dürfe, das jedoch sei auch alles. Weitere Konsequenzen dürfe man daraus nicht ziehen.

Im Klartext heißt das, dass der VDV die Fahrgastzufriedenheit für irrelevant hält. Diese Herrschaften können von Glück reden, dass solche Papiere sowieso kein Mensch liest. Man vertritt eben die Interessen der Leistungserbringer. Dann gibt es Fahrgastverbände und Verbraucherschützer, die die Leistungsnehmer vertreten und auf der Stelle widersprechen. Der Autosektor ist komplett anders strukturiert, denn der Autoverkehr basiert auf maximaler AUTOnomie des Nutzers: Es gibt hier keine Beziehungen zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber, deshalb ist der Autofahrer auch tendenziell eher bereit, einen Stau als höhere Gewalt abzutun, während Verspätungen im Eisenbahnverkehr selbigen gleich als unzuverlässig erscheinen lassen. Fairerweise muss man allerdings auch sagen, dass zehn Minuten beim Auto zehn Minuten bleiben, während im ÖV-Wesen aus zehn Minuten durch einen geplatzten Anschluss gern mal ein oder zwei Stunden werden.

Mit der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel setzt sich der Endkunde quasi machtlos dem Verkehrsunternehmen aus. Wenn ein Signal Hp0 zeigt, dann bedeutet das für den Kunden in den meisten Fällen, dass der Zug ohne ersichtlichen Grund auf freier Strecke anhält. Übrigens, der Kunde: Es gibt immer noch Verkehrsunternehmen, die glauben, einzig die Aufgabenträger seien ihre Kunden. Solange die Akzeptanz, dass der Endkunde im Mittelpunkt der Gesamtveranstaltung steht, noch nicht überall vorhanden ist, ist ein bisschen Streit ganz gut. Hier gibt es eine (objektiv gesehen durchaus zurecht) hochsubventionierte Branche und diese muss dem Gemeinwohl dienen – nicht jedoch dem gemeinen eigenen Wohl.

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