Mehr Geld aus der Gießkanne?
07.11.13 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Bahnchef Rüdiger Grube fordert zu einem strategisch günstigen Zeitpunkt mehr Geld aus der Staatskasse für die Eisenbahninfrastruktur in Deutschland – also für DB Netz. Es wäre schön gewesen, wenn er auch mal was zur anhaltenden Finanzierungsnot der NE-Bahnen oder BOStrab-Infrastrukturen gesagt hätte, aber hier sei zurecht angemerkt, dass das nun wahrlich nicht seine Baustelle ist. Und doch platzt er damit in die Koalitionsverhandlungen und setzt die Keynote fürs Branchentreffen Regiosignale, das heute in Frankfurt am Main stattfindet, über ein Spiegel-Interview von selbst. Selbstverständlich hat er in der Sache recht, die öffentliche Hand hat die Aufgabe, die Infrastruktur auskömmlich zu finanzieren, aber es stellt sich die Frage, wo das Geld herkommen soll.
Angesichts der Schuldenbremse im Grundgesetz und der bislang sehr schlechten Lobby zur Infrastrukturfinanzierung wird es wohl kaum aus den Bundes- oder Länderkassen kommen. Da werden sich die Großkoalitionäre auf griffigere Dinge einigen, möglicherweise höhere Hartzsätze, Lebensleistungsrente, Mütterrente und dazu höhere Bildungsinvestitionen. Geld für die Infrastruktur, für die Bahn? Das wird wohl schwer bis gar nicht durchzusetzen sein und vor diesem Hintergrund muss man noch einmal über Ansätze wie geschlossene Finanzierungsfonds oder Nutzerfinanzierung sprechen. Es wird auf lange Sicht keine andere Möglichkeit geben, denn die Zeiten, dass aus den öffentlichen Haushalten das Füllhorn ausgeschüttet wird, sind vorbei und doch ist der Bedarf enorm.
Aktuell redet man darüber, dass man die Personalengpässe u.a. auf den Stellwerken beseitigen will. Das ist ja schön und gut, aber spätestens nach der Situation in Mainz stellt sich die Frage, wieso nicht ein umfassendes ESTW-Programm angestoßen wird? „Hunderte unserer Stellwerke hätte noch Kaiser Wilhelm einweihen können“ sagt Grube und das stimmt. Es kann doch nicht sein, dass ein Land wie Deutschland, das voller Stolz Leit- und Sicherungstechnik für die Eisenbahn in die ganze Welt exportiert, selbst noch Stellwerke bei seiner eigenen Staatseisenbahn hat, die allenfalls ins Museum gehören: Wo einer mit großen Hebeln die Weichen und Sig-nale stellt. Hier ist ein exorbitanter Personalbedarf und das muss abgebaut werden. Statt das Geld nach dem Gießkannenprinzip, wie bei der laufenden LuFV an DB Netz auszuzahlen, muss projektorientiert gearbeitet werden.
Auch das sagt Grube im Spiegel, wir müssen davon weg, dass das Geld dahingeht, wo Landespolitiker am lautesten schreien, hin zu sachorientierten Investitionen. Dazu gehört auch, dass man Kunstbauten in einem dauerhaft befahrbaren Zustand hält. Wer nur damit droht, dass vielleicht irgendwann mal Brücken gesperrt werden könnten, der möge ins Bergische Land gucken, wo eine S-Bahnlinie seit Jahren auf Busbetrieb umgestellt ist, weil die Müngstener Brücke in einem so desolaten Zustand ist. Über Langsamfahrstellen brauchen wir gar nicht zu reden, obwohl auch hier enormer Verbesserungsbedarf vorhanden ist. Fest steht nur: Es muss dringend was passieren und zwar in dieser Legislaturperiode.