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Shutdown auch in Sachsen-Anhalt?

07.10.13 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Man muss Abellio ein Kompliment aussprechen. Soviel Courage zu haben, doch noch abzusagen, ist ein Novum in der Geschichte der Eisenbahnreform, aber auch richtig. Sowohl unternehmenspolitisch als auch als Zeichen an die Branche: Diesen unzuverlässigen Aufgabenträgern und Landesbehörden steht man nicht mehr zur Verfügung. Wie kann es sein, dass eine Vergabekammer über ein halbes Jahr braucht um zu entscheiden, dass die NASA nochmal neu nachrechnen soll? Bereits beim Elektronetz Nord, das die NASA der DB Regio AG gemeinsam mit anderen Aufgabenträgern im Rahmen eines gemeinsamen Vergaberechtsverstoßes geschenkt hat, brauchte dieselbe Behörde über vier Monate um festzustellen, dass die Beschwerde der Nordbayerischen Eisenbahn aus formalen Gründen nicht bearbeitet werden kann.

Wer jetzt glaubt, nun würde in der heilen DB-Welt alles Gut, der wird schnell sein blaues Wunder erleben: Denn auch der Rote Riese wird das ständige Hin und Her in Sachsen-Anhalt zur Kenntnis nehmen. Auch dort ist man nicht in der Lage, innerhalb von gut zwei Jahren Züge anzuschaffen, es sei denn, man knappst die Bestellungen von anderen Aufträgen ab. Das kann DB Regio als einziges Unternehmen am Markt, schließlich ist der Ex-Monopolist um ein vielfaches größer als alle Wettbewerbsbahnen zusammen. Ansonsten hat DB Regio, ebenfalls als einziger Akteur, die Möglichkeit, auf einen gigantischen Fuhrpark zurückzugreifen, um Ersatzverkehr zu fahren. Man bekam am 1. Januar 1994 sämtlichen Fuhrparkbestand von Bundesbahn und Reichsbahn geschenkt. Die Kosten dafür hat fortan das Bundeseisenbahnvermögen übernommen, die DB AG konnte jedoch eine Menge Geld damit verdienen.

Wenn man nun mit Fahrzeugen aus DDR-Produktion noch einige Jahre weiterfährt, dann geht das nur, weil das Bundeseisenbahnvermögen hier noch auf Jahre hinaus die laufende Finanzierung gestemmt hat, natürlich mit Steuergeldern. Die ÖV-Lobby sagt zu den exorbitanten Kosten des Bundeseisenbahnvermögens gerne, dass man die Zeche eines gescheiterten Eisenbahnmodells alter Bauart nicht dem heutigen Schienensektor anlasten könne, doch das ist nur die halbe Wahrheit. Hier hätte ab 1994 eine erhebliche Entschuldung stattfinden können, wenn man das Rollmaterial an private Leasinggesellschaften verkauft hätte statt es der DB AG zu schenken. Dann stünde es jetzt allen gleichermaßen zur Verfügung und nicht nur einem.

Abellio, aber auch andere Unternehmen werden sich in Zukunft überlegen, ob man in bestimmten Bundesländern an Ausschreibungen teilnimmt. Hier verbrennt man eine Menge Geld und selbst im Fall eines Gewinns muss man mit monatelangem Tauziehen rechnen und einer nahezu endlosen Verzögerung, die ein Vielfaches der gesetzlichen Bearbeitungszeit in Anspruch genommen hat. Man könnte meinen, auch Sachsen-Anhalt stünde unter einem Shutdown wie die öffentlichen Haushalte in Amerika – und die Vergabekammer arbeitet über Monate einfach nicht. Mit einem verlässlich funktionierenden Staatsapparat hat das alles nichts mehr zu tun. Das sieht sicherlich auch DB Regio.

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